Westwood Studios
Ein amerikanischer Entwickler mit Sitz in Las Vegas, Nevada (1985). Das von Brett Sperry und Louis Castle gegründete Unternehmen spezialisierte sich schnell auf die Entwicklung von Rollenspielen für den amerikanischen Publisher Strategic Simulations (SSi). Westwood wurde in den 80er Jahren schnell zu einem der RPG-Spezialisten mit beeindruckenden Titeln, die von einer langen Lebensdauer profitierten, wie Battletech (1988), Hillsfar (1989) und der 1990 erschienenen Serie „Eye of the Beholder“ . 1992 änderte das Unternehmen seinen Namen in Westwood Studios, Virgin Games wurde ihr neuer Publisher und bestellte bei ihnen ein Spiel im Dune-Universum. Mit Dune II: The Building of a Dynasty wird das Westwood-Team nicht nur ein sehr gutes Spiel produzieren, sondern ein Spiel, das zu diesem Anlass auch ein eigenes Genre sein wird: das Echtzeit-Strategiespiel (STR bzw. RTS auf Englisch).
Zur gleichen Zeit beschloss Westwood, ein Abenteuerspiel im Stil von King’s Quest zu veröffentlichen, das in einem mittelalterlichen Fantasy-Universum spielt . Dies ist die Geburtsstunde eines Titels, der weltweit Geschichte schrieb und zu einer Trilogie wurde: Legend of Kyrandia . Im darauffolgenden Jahr erblickte die zweite Folge mit dem Untertitel „ Die Hand des Schicksals“ das Licht der Welt . Eine schönere, interessantere, witzigere Fortsetzung, kurz gesagt, die beste Folge der Trilogie. Schließlich war Lands of Lands of Lore: The Throne of Chaos das zweite Spiel, das Westwoods Aufmerksamkeit auf sich zog und manche als den Höhepunkt des Rollenspiels betrachteten. Der Titel wird für Millionen von Spielern zu einer neuen Referenz. Es ist das Ergebnis des Know-hows eines Unternehmens, das jahrelang an mehr als zehn Rollenspielen gearbeitet hat.
1986 | World Games | Sportsimulation |
1987 | Road War 2000 | Strategie / Taktik |
1987 | Phantasie III: The Wrath of Nikademus |
Rollenspiel |
1988 | Questron II BattleTech: The Crescent Hawk’s Inception |
Rollenspiel Rollenspiel |
1991 | Eye of the Beholder DragonStrike |
Rollenspiel Action |
1992 | Eye of the Beholder II: The Legend of Darkmoon The Legend of Kyrandia: Book One |
Rollenspiel Adventure |
1993 1995 2002 |
Dune II: Battle for Arrakis Command & Conquer (PC) Pirates: The Legend of Black Kat |
Strategie Strategie Action |
Bis zum Jahre 1992 war Westwood Associates durch erste Erfolge und hochwertige Auftragsarbeiten bekannt geworden. Allerdings erwies sich die Finanzierung der eigenen Projekte als immer schwieriger. Die Entwicklungskosten beliefen sich bereits zu diesem Zeitpunkt auf über eine Million US-Dollar, für die Westwood als unabhängiger Entwickler von Publishern jedoch maximal 750.000 Dollar erhielt und das Risiko für alle weiteren Kosten selbst tragen musste, mit steigender Tendenz. Zu den Interessenten für eine Übernahme Westwoods zählte unter anderem Sierra Entertainment, allerdings forderte Sierra auch die vollständige kreative Kontrolle über die Ausrichtung des Studios und seiner Projekte. Stattdessen entschieden sich Sperry und Castle für ein niedrigeres Angebot des britischen Publishers Virgin Interactive Entertainment, der ihnen weitreichendere Freiheiten zusichert. In Folge benannte sich das Unternehmen in Westwood Studios um. Der Vertrag gab Westwood die Möglichkeit, die selbst entwickelten Computerspiele weltweit vermarkten zu können. Im selben Jahr veröffentlichte Westwood das Adventure Fables & Fiends: The Legend of Kyrandia: Book One als ersten Teil einer dreiteiligen Serie, deren weitere Teile 1993 und 1994 erschienen, und Dune II – The Building of A Dynasty (in Europa: Dune II – Battle for Arrakis), das gemeinhin als erstes Echtzeit-Strategiespiel nach heutigem Verständnis gilt. Es basierte auf der Science-Fiction-Romanreihe Dune von Frank Herbert.
1993 veröffentlichte Westwood den ersten Teil ihrer Rollenspiel-Trilogie Lands of Lore, die auch heute noch eine große Fangemeinde hat und Einfluss auf spätere Titel anderer Spieleentwickler hatte.
Der nächste, wohl größte Schritt der Westwood Studios folgte mit der Entwicklung von Command & Conquer: Der Tiberiumkonflikt, das 1995 für PC erschien. Command & Conquer löste zusammen mit dem Konkurrenzprodukt Warcraft den Boom der Echtzeit-Strategiespiele aus und beeinflusste nachfolgende Computerspiele maßgeblich. Command & Conquer und dessen Fortsetzungen blieben auch in Folge die bekanntesten und kommerziell erfolgreichsten Produkte der Westwood Studios.
1997 entwickelten die Gamedesigner von Westwood das Adventure-Spiel Blade Runner zum gleichnamigen Film von 1982, das bis heute als eine der besten Filmumsetzungen gilt. Im selben Jahr brach die Command-&-Conquer-Serie erstmals die 10-Millionen-Verkaufsgrenze. Westwood legte aufgrund des enormen Erfolges der Serie und des immer wichtiger werdenden Internets einen weiteren C&C-Titel (Command & Conquer: Sole Survivor) als Onlinespiel nach, der wegen spielerischer Unzulänglichkeiten floppte und deshalb nie in Europa erschien. Ab 1997 bis zur Übernahme durch den US-amerikanischen Publisher Electronic Arts im darauffolgenden Jahr arbeitete Sperry neben seiner Tätigkeit als President und CEO von Westwood zusätzlich als President of Worldwide Development für Virgin Interactive. Das Echtzeit-Strategiespiel Dune 2000 erschien 1998 als Neuauflage von Dune II – Kampf um Arrakis für den PC und die PlayStation.
Im Jahre 1998 geriet Virgin Interactive nach einigen Fehlschlägen finanziell ins Straucheln und musste seine US-Sparte verkaufen. Westwood Studios wurde daher gemeinsam mit Virgin Interactives Entwicklungsstudio Burst in Irvine (Kalifornien) vom US-amerikanischen Publisher Electronic Arts für 122,5 Millionen US-Dollar in bar aufgekauft, Castle und Sperry erhielten jeweils einen Fünf-Jahres-Vertrag. Der Preis galt als sehr hoch – EAs Jahresgewinn 1997/98 betrug 72 Millionen Dollar – und als Ausdruck für EAs großes Interesse an Westwood. Das Irvine-Studio wurde in Westwood Pacific umbenannt und der Leitung der Westwood Studios unterstellt. Viele Mitarbeiter von Westwood erachteten die Übernahme aber als einen untragbaren Schritt, da es einen starken Einfluss von Electronic Arts sowohl auf die entwickelten Spiele als auch auf die Marke selbst bedeutete. Etliche Programmierer, Designer und weitere Mitarbeiter von Westwood verließen das Unternehmen.
1999 erschien Command & Conquer: Tiberian Sun und brach den EA-internen Rekord für den besten Verkaufsstart eines PC-Titels, mit mehr als 1,5 Millionen verkauften Exemplaren innerhalb der ersten Monate. Jedoch waren viele Fans der Serie enttäuscht und machten den Aufkauf von Westwood Studios durch Electronic Arts für die mindere Qualität verantwortlich.
Nach der Veröffentlichung von Tiberian Sun begannen studiointern Überlegungen zu weiteren Projekten. Sperry sah vor allem im MMORPG-Sektor großes Potenzial und versuchte mit Earth & Beyond diesen Markt für Westwood zu erschließen. Castle wollte hingegen ein Piratenspiel entwickeln. Daneben arbeitete ein Team an einem Shooter im C&C-Universum, wodurch die Entwicklungskapazitäten des Hauptstudios ausgelastet waren. Gleichzeitig fürchtete die Studioleitung, dass das Studio in Irvine, dessen bekannteste Veröffentlichung bislang das Zeichentrick-Adventure Toonstruck darstellte, ohne ein prestigeträchtiges Projekt vor der Schließung stehen könnte. Daher wurden die bereits begonnenen Arbeiten an einer Fortsetzung von Alarmstufe Rot auf der technischen Basis von Tiberian Sun an Westwood Pacific übergeben, unter der Leitung von Mark Skaggs und Dustin Browder. Das Ergebnis, Command & Conquer: Alarmstufe Rot 2, erschien 2000. Es war ebenfalls kommerziell erfolgreich und die Kritiken fielen weit besser aus als für Tiberian Sun.
2001 veröffentlichte Westwood das von Intelligent Games entwickelte Emperor: Schlacht um Dune, das erstmals in der Firmengeschichte eine 3D-Engine nutzte, die Westwood-3D-Engine (W3D), und auch für die Entwicklung des C&C-Shooters verwendet wurde. Die Weiterentwicklung dieser Engine für Echtzeit-Strategiespiele wurde ebenfalls an Westwood Pacific weitergereicht. Aus dieser Weiterentwicklung entstand die SAGE-Engine
Mit zwei Jahren Verspätung und insgesamt fünf Jahren Entwicklungszeit erschien 2002 schließlich der C&C-Shooter Command & Conquer: Renegade. Der Erfolg von Renegade war gut, konnte aber nicht überzeugen. Das nahezu zeitgleich erschienene Pirates: The Legend of Black Kat blieb bedeutungslos. Im September 2002 kam schließlich Earth & Beyond auf den Markt, konnte sich aber nicht behaupten. Nach sechs Monaten verzeichnete das Spiel gerade einmal 20.000 bis 25.000 Abonnenten, etwa ein Zehntel des hausinternen Konkurrenten Ultima Online von Origin Systems. Es blieb Westwoods letzte Veröffentlichung. Ein bereits in der Entwicklung befindlicher zweiter Renegade-Teil mit dem Untertitel Battlegrounds im Alarmstufe-Rot-Universum wurde abgebrochen, um keine Konkurrenz zu Battlefield 1942 von EAs Tochterstudio DICE zu erzeugen und der für 2003 erwarteten Konkurrenz durch Doom 3 aus dem Weg zu gehen. Für die Entwicklung des C&C-MMOs Command & Conquer: Continuum erhielt Westwood nach dem Fehlschlag von Earth & Beyond keine Freigabe und die Entwicklung eines Command & Conquer 3 hatte es bis dato nicht über einen frühen Prototypen-Status hinaus geschafft.
Als im Februar 2003 der auf der Sage-Engine basierende Titel Command & Conquer: Generals des Schwesterstudios in Irvine auf den Markt kam, war dieses bereits in EA Pacific umbenannt worden. Im Rahmen des Geschäftsberichts gab Electronic Arts im Januar 2003 das Ende von Westwood bekannt. Die Westwood Studios Las Vegas und EA Pacific wurden am 31. März 2003 geschlossen und mit EAs Tochterstudio Dreamworks Interactive zu EA Los Angeles zusammengelegt. Trotz Übernahmeangebote verließen viele Entwickler das Unternehmen, unter anderem zahlreiche Entwickler der ersten C&C-Spiele und Studiogründer Sperry. Sein Partner Castle hingegen blieb. Die zur Übernahme in die EA-Studios bereiten Mitarbeiter entwickelten unter der Leitung von Harvard Bonin und Mark Skaggs die Erweiterung Command & Conquer: Generäle – Die Stunde Null. Mehrere Mitarbeiter der ursprünglichen Westwood-Belegschaft gründeten eigene Unternehmen, darunter das von Joe Bostic, Mike Legg und Steve Tall ins Leben gerufene Petroglyph Games, denen sich u. a. auch Westwood-Hauskomponist Frank Klepacki anschloss. Brett Sperry zog sich zeitweise aus der Spielebranche zurück, bis er mit Rade Stojsavljevic und Adam Isgreen 2008 Jet Set Games gründete.