Januar 1985 CES. Ohne Amiga, aber mit Atari ST! Das Tramiel-Imperium schlug zurück! In Los Gatos gab es größere Probleme mit dem Betriebssystem. Wieder tauchte ein rettender Engel auf, diesmal von der anderen Seite des Atlantiks. Wie es auch immer dazu gekommen sein mag, die englische Firma MetaComCo
war plötzlich an der Entwicklung beteiligt. Deren Vertreter Dr.Tim King flog nach Kalifornien und bog alles zurecht. Jetzt hatte der Computer ein anglo-amerikanisches Betriebssystem: Aus Carl Sassenraths »CAOS« übernahm King die Routinen für Exec, Intuition, Blitter und Copper, aus dem von seiner Firma stammenden Betriebssystem Tripos übernahm er die Datenverwaltungsroutinen, die Textein- und Ausgaberoutinen, die Druckersteuerung und die Routinen des ständig mitlaufenden Fehlerüberwachungsprogramms WACK. Sein Hauptverdienst war aber wohl das CLI (Command Line Interface).
Darauf hatte er bestanden, obwohl der Computer eigentlich nur eine Macintosh-ähnliche Benutzeroberfläche erhalten sollte. Dadurch war der Amiga der erste Computer, der serienmäßig zwei Benutzeroberflächen hatte.
Der Legende nach soll diese Arbeit nur drei Wochen gedauert haben. Aber die Zahl »drei Wochen« taucht häufiger in der Entwicklungsgeschichte auf: so lange soll R.J. Mical jeweils an Intuition sowie an »GrafiCraft« gearbeitet haben. (»Er machte nur einmal die Tür seines Büros auf, nach etwa anderthalb Wochen, um mich zu fragen, wie die Messageports funktionieren. Nach weiteren anderthalb Wochen war Intuition fertig.« – Dale Luck). Wie auch immer – das Betriebssystem funktionierte. Inzwischen waren die Sonderchips-Ungetüme echte Chips und man konnte einige Prototypgeräte (Black Box Amigas) bauen, um damit auch interessierten Softwarefirmen die Arbeit an vorgesehenen Programmen zu erleichtern. Eine solche Firma, »A Squared«, war kurz nach der Übernahme erschienen und hatte ein neuartiges Zusatzgerät ins Gespräch gebracht: einen Echtzeit-Videodigitalisierer. Von Anfang an war der Amiga für verschiedene Videosignale ausgelegt worden: Als Spielekonsole sollte das Gerät an einem Fernseher laufen können, als Computer an einem Monitor. Alle Versuche, die erforderlichen Signale zu erzeugen, waren im Chipdesign gelandet und schon in einem frühen Stadium waren die experimentellen Versionen des Computers mit mehreren Bildschirmen verbunden. Sheryl Knowles erinnert sich: »Ich hatte drei Bildschirme an geschlossen – einen Fernseher, einen Farbmonitor und das Zweifarbending von IBM. Als wir die Fernsehsignale testen wollten, fuhr Sam (Dicker) zum Elektrohändler und sagte ‚Wir brauchen zehn Fernseher mit dem schlimmstmöglichen Bild.‘ Der Händler war verblüfft und versuchte ständig, uns die teuersten und neuesten anzudrehen. Aber er hat es schließlich kapiert.« Sam fügt hinzu: »So sind wir auf die Farben für die Workbench gekommen.
Das waren die Farben, die im NTSC-Signal beim Wechsel von Vordergrund- zu Hintergrundfarbe nicht ineinander ausfransten.« Diese Signalvielfalt sowie die Einstellung der Bildfrequenz auf NTSC-Norm sollte den Amiga zum ersten Videobearbeitungsheimcomputer machen. Jetzt konnte er auch die vorgesehenen 4096 Farben darstellen: Anfangs waren nur etwa 320 Farbtöne zu erzeugen, aber die Hardwareleute bei Commodore hatten die Idee, die Signalschaltungen der ursprünglichen Chips auf einen eigenen Chip auszulagern und so wurde das Problem behoben. Mit dem Soundchip (vier Kanäle mit Stereoton) war die Hardware fertig. Der Amiga konnte Premiere feiern. Es ist der 23.Juli 1985. Die Firmenleitung von Commodore beschloß vorher, den Amiga nicht im Rahmen einer Heimelektronikmesse, sondern in einer eigenen Veranstaltung der Welt vorzustellen: im Licoln Center in New York
. Eifrig wurde an der Fertigstellung der ersten Serienmaschinen gearbeitet. Der Legende nach sollen die Mitglieder der Los-Gatos-Gruppe sich große Sorgen um den Transport der Geräte von Kalifornien nach New York gemacht haben; es wird erzählt, sie hätten für ihre Lieblinge eigene Sitzplätze im Flugzeug gebucht, um ja zu verhindern, daß im Gepäckraum etwas beschädigt wird! Gail Wellington, damals zuständig für den Kontakt zu den Softwarefirmen, erinnert sich an diesen Tag: »Ich war auch an den Vorbereitungen für die Premiere beteiligt: Ich hatte bei der Multitasking-Demo (Fred The Baker and Rose The Florist) mitgewirkt und auch das Computerballet produziert – darauf bin ich sehr stolz. Die eigentliche Animation machte die Firma Island Graphics. Als ich die fertige Sequenz mit der Tänzerin auf der Bühne sah, habe ich fast geheult, und mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich das Video anschaue.
Eigentlich war ich aber für die drei Vorführgeräte zuständig, die im Sperrsitzbereich aufgebaut waren. Jedes war mit einem Genlock-Prototyp bestückt und durch diese Genlocks war alles miteinander verbunden. Zu dem Zeitpunkt gab es nur fünf Genlocks überhaupt, und wir hatten sie alle da – zwei als Ersatz. Nach der Generalprobe am Vorabend der Premiere habe ich noch bis 1.00 Uhr morgens mit einigen Technikern an der Feinabstimmung der Farben und Bilder auf den großen Projektionswänden gearbeitet. Als wir am Vormittag eine letzte Probe machten, waren zwei Genlocks kaputt! Da mußten wir mit Lötkolben und Meßgeräten ran, um alles wieder flottzumachen. Dann habe ich jemand ins Hotel geschickt, um meine Galakleidung zu holen – vor der Veranstaltung wollte ich die Geräte keine Sekunde aus den Augen lassen! Mein Job war aber verhältnismäßig einfach; ich brauchte mich ja nicht um Andy Warhol zu kümmern.«


ntrag im Guinnessbuch beantragen.
sowie einige Demos zu Grafik und Musik bei. Erst fünf Jahre später in der britischen Niederlassung sollte das »Paketprinzip« – mit durchschlagendem Erfolg: 2.000.000 Geräte in weniger als drei Jahren verkauft – zur vollen Anwendung kommen. Etliche in Auftrag gegebene Programme fielen der Reihe nach aus dem Commodore-Programm heraus, entweder weil die Entwicklerfirmen nur mangelhafte Unterstützung bekamen oder weil Programme solange in Commodores »Qualitätskontrolle« steckenblieben, daß die Vermarktungsverträge verfielen – das Programm verschwand dann auf Nimmerwiedersehen oder wurde, im Glücksfall, von der ursprünglichen oder einer anderen Firma zur Marktreife gebracht. Ein Beispiel ist »MusiCraft«, das drei Jahre später als »Aegis Sonix« erschien. Ähnliches passierte auch mit dem allerersten Videodigitizer »LIVE!«. Die Premiere hatte viel Interesse erweckt, und die Prototypen wurden auf vielen Messen vorgeführt. Dann kam ein anderes Produkt heraus, »DigiView«, das auch noch HAM-Bilder verarbeiten konnte. Also mußte bei LIVE! auch HAM rein. Der zuständige Ingenieur aber verließ Commodore und es dauerte, bis jemand anders beauftragt wurde. Schließlich übernahm »A Squared« das Projekt wieder, machte das Gerät marktfertig und fing mit dem Verkauf an – aber Commodore hatte die Produktion des Amiga 1000 schon eingestellt und brachte gerade den Amiga 500 und 2000 heraus! Also mußte LIVE! wieder überarbeitet werden. Der Firma A Squaredwurden wegen der vielen Verzögerungen nach einem Gerichtsurteil 1989 etwa 900.000 US$
Schadensersatz zugesprochen. Eine verfehlte Vermarktungspolitik sollte die Amiga Geschichte vom Anfang bis zum (vorläufigen) Ende begleiten. November 1985 Im November 1985 wurden die Unterlagen zu den Erweiterungskarten für den Amiga (Zorro-I-Format) veröffentlicht und gleichzeitig fing die Gerüchteküche zu kochen an. Neue Modelle sollten sich in der Entwicklung befinden: