FTL Games
FTL war ein kleines Softwareunternehmen aus Kalifornien, das mit seinem dritten Produkt die Computerrollenspiele für immer nachhaltig verändern sollte. Begonnen hatte FTL in San Diego eigentlich als Software Heaven und wurde von Russ Boelhauf und Wayne Holder gegründet. Zu ihren ersten Programmen zählten dabei Spellchecker. Diese Programme untersuchten Texte nach Rechtschreibfehlern und wurden direkt über das Unternehmen verkauft, teilweise aber auch als Auftragsarbeiten für andere Firmen entwickelt. Im Laufe ihrer Existenz arbeitete das Unternehmen auch weiter an “gewöhnlicher” Software, die nichts mit der Unterhaltungsbranche gemein hatte. Zu den ersten Mitarbeitern gehörte Bruce Webster, den Wayne seit ihrer gemeinsamen Zeit auf der Highschool kannte. Wayne selbst wollte neben den seriösen Programmen auch Spielesoftware anbieten und gründete dazu die Abteilung FTL, dessen drei Buchstaben für Faster than light standen. Bruce Webster wurde Chef von FTL und nach kurzer Zeit erschien auch das erste Spiel namens SunDog – Frozen Legacy und stellte ein Handelsspiel in fernen Welten dar, der mit zahlreichen Kämpfen aufgelockert wurde. Entwickelt wurde das Spiel für den Apple II und erschien in der Version 1.0 im März 1984 (bereits drei Wochen später kam Version 1.1 und beinhaltete zahlreiche Bugfixes. Frühe Veröffentlichungen waren also damals schon verbreitet und sind kein Phänomen der Neuzeit!).
1987 | Dungeon Master | Rollenspiel |
1988 | Dungeon Master – Chaos Strikes Back (Expansion Pack) | Rollenspiel / Addon |
1990 | Dungeon Master II – Skullkeep | Rollenspiel |
Im Dezember 1985 erschien die Portierung für den Atari ST und besaß zahlreiche Neuerungen, die in der Apple II– Variante nicht vorhanden waren. Auch die Grafik wurde erheblich verbessert. Der Titel war erfolgreich genug, um weiter im Spielesektor zu bleiben, nur Bruce Webster stieg aus dem Unternehmen und der Branche aus. Obwohl Webster Chef von FTL war, programmierte er den Großteil des Spieles selbst, war danach allerdings völlig ausgebrannt und hatte keine Kraft mehr für diese Arbeit. An seiner Stelle kamen zwei neue Mitarbeiter: Doug Bell und Andy Jaros, die bereits seit einiger Zeit an ihrem eigenen Spiel Crystal Dragon bastelten, welches sie in ihrem Entwicklungsstudio PVC Dragon begannen. FTL interessierte das Projekt und gab den beiden die Erlaubnis das Spiel für FTL weiter zu entwickeln, das später das erfolgreichste Spiel des Unternehmens (unter anderem Namen) werden sollte. Zuvor kümmerte sich Doug allerdings um die ST-Portierung von SunDog.
Bevor Crystal Dragon allerdings die Bühne betreten sollte, entwickelte das Unternehmen noch Oids für den Atari ST, das später noch in einer Apple Macintosh Fassung erhältlich war. Besonders in Großbritannien erfreute sich das Spiel großer Beliebtheit und wurde zu einem regelrechten Kult. Oids selbst besaß im Grunde das gleiche Spielprinzip, wie zuvor schon Thrust, Gravitar oder Asteroids und nutzte die Trägheitssteuerung. Der Spieler musste immer genug Schub zur Verfügung stellen, damit das Raumschiff nicht auf dem Boden zerschellte, dabei allerdings auch
Feinden und deren Schüssen ausweichen. Die Rahmenhandlung war ebenso wenig ausgeprägt, wie bei den meisten Spielen aus dieser Ära: Sternenvolk A kämpft aus irgendeinem Grund gegen Volk B und will (in diesem Fall) die unterdrückten Roboter befreien. War die ST Fassung noch recht erfolgreich, konnte die Macintosh Version kein Verkaufsschlager werden. Dies lag nicht an einer schlechten Konvertierung, sondern einfach daran, dass das Spiel keine richtige Aufmerksamkeit genoss, auch wenn auf der MacWorld 1990 (einige Jahre später) das Spiel fünf Sterne erhielt.
Nun jedoch konzentrierte man sich in San Diego auf Crystal Dragon, dass Doug Bell und Andy Jaros noch vor ihrer Zeit bei FTL begonnen hatten. Insgesamt werkelten die beiden fünf Jahre an diesem Spiel. Andy Jaros zeichnete für die Grafik verantwortlich und benötigte dafür über ein Jahr. Später sagte er, dass die meiste Zeit jedoch für die Erkundung des Atari ST benötigt wurde, den er erstmal kennenlernen müsse. Hätte er diesen gekannt, wäre die Arbeit in wenigen Monaten fertig gewesen. Jedoch betonte er, dass die Arbeit an einem einzelnen Monster durchaus ein paar Tage dauern könnte. Insgesamt steuerte Jaros über einen MByte an Grafikdaten bei, was insofern erstaunlich ist, da das Spiel auf eine einzelne Diskette mit 400 KByte Fassungsvermögen passt. Wayne sagte später bei einem Interview, dass die meisten Arbeiten an dem Spiel auf die Komprimierungsroutinen fielen.
Von Beginn an war es den Beteiligten klar, dass das Spiel ein Rollenspiel werden würde, das den Vergleich mit den Klassikern, wie Ultima, Wizardry oder The Bard’s Tale nicht scheuen müsste. Tatsächlich war Ultima sogar die Inspiration für Crystal Dragon. Und Crystal Dragon, oder besser Dungeon Master, wie das Spiel nun genannt wurde, war später die Inspiration für Ultima Underworlds von Origin. Zum ersten Mal erlebte der Spieler eine Rollenspielwelt in Echtzeit, statt wie bisher in Runden. Wurden zuvor Befehle als Text dargestellt, um die Welt zu erkunden, konnte nun die Maus genutzt werden, um Gegenstände oder die virtuelle Welt direkt zu beeinflussen. Auch das Spieler-eigene Skillsystem erhielt gegenüber der Konkurrenz eine grundlegende Renovierung: nutzte der Spieler bestimmte Fähigkeiten oft, verbesserten sich diese erheblich. Zuvor konnte der Spieler lediglich bei einem Levelaufstieg Punkte verteilen. Auch die Anwendung von Zaubersprüchen wurde sinnvoller gestaltet: Icon stellten die verschiedenen Elemente dar, die dann wahlweise kombiniert werden konnten und so einen Effekt auslösen konnte, wenn die Elemente zusammenpassten. FTL achtete auf jedes kleine Detail, um so das Spielgefühl deutlich zu intensivieren. Maßgeblich trug auch die Geräuschkulisse bei, die nahende Gefahr deutlich hörbar machte. Ein einfaches dynamisches Lichtsystem komplettierte die Technik des Spiels. Da Rollenspiele stets eine Rahmenhandlung benötigen, entwickelte Waynes Frau Nancy Holder eine Welt, die im Handbuch ausführlich dargestellt wurde und die im hohen Maße zum Spielgefühl beitrug. Nancy Holder schreibt im übrigen bis heute Geschichten, unter anderem für Buffy, Sabrina oder Smallville.
1987 erschien das Spiel auf dem Markt und schlug wie eine Bombe ein. Bereits im ersten Jahr verkaufte sich das Spiel über 40.000 mal und das nur auf dem Atari ST. Umsetzungen fanden für den Amiga, Apple IIgs, SNES, TurboGrafx, Sharp 68000, PC-9801 und FM Towns statt. Das CDTV sollte ebenfalls eine Version erhalten, allerdings erhielt FTL nie Informationen zur Speicherung von Daten auf Speicherkarten, die nötig gewesen wären, von Commodore. Auch eine Konvertierung auf den Apple Macintosh existierte, die allerdings nie freigegeben worden war. Die Gründe sind bis heute nicht bekannt. Für das Atari Lynx gab es ebenfalls einen Prototyp, der allerdings nie vollendet wurde. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Portierung für den Commodore Amiga, das als erstes Spiel weltweit 3D Sound Effekte besaß.
Dungeon Master erhielt zahlreiche Preise und erhielt oft das Prädikat Spiel des Jahres und erhielt 1989 auch ein Add-on (Chaos strikes back), dass allerdings das Orginalspiel nicht benötigte (einzig der PC erhielt kein Add-on). Wie alle bisherigen Spieleverpackungen von FTL zeichnete auch dieses Mal David R. Darrow verantwortlich und verewigte den Grafiker Andy Jaros (die Figur, die an der Fackel zieht), wie auch Andrea Darrow, seine Frau (der durchtrainierte Held im Hintergrund wurde von Darrow eigens aus einem lokalen Fitnessstudio für das Portait engagiert).
Schnell war dem Unternehmen klar, dass solch ein Erfolg auch eine Fortsetzung benötigte. Ein Großteil des Unternehmens arbeitete an Dungeon Master II, während ein kleineres Team an einer erweiterten Fassung des Orginalspiels für die PC Engine und dessen Nachfolger TurboGrafx arbeitete, die, im Gegensatz zur ST Version, vereinfacht, dafür aber mit weiteren Dungeons ausgestattet wurde und den Namen Dungeon Master: Theron’s Quest erhielt.
Wie schon immer in der Geschichte des Unternehmens machte FTL ihren Namen keine Ehre: dauerte bereits die Portierung des ersten Teils auf den Amiga über ein Jahr, so benötigte die Fertigstellung des Nachfolgers sechs Jahre. Diese 1993 veröffentlichte Version war allerdings nur für den japanischen Markt gedacht und alle weiteren Dungeon Master Fans mussten noch bis 1995 warten, ehe sie wieder die Verliese betreten konnten. Portierungen entstanden auch hier für Atari ST, Amiga, Mega CD, PC-9801, PC-9821 und FM Towns, allerdings waren diese deutlich schwerer auf die unterschiedlichen Systeme zu portierungen als der erste Teil. Zwischen dem Amiga mit 32 Farben und einem PC mit VGA Karte (256 Farben) waren deutliche grafische Unterschiede feststellbar.
Hatten neue Spiele bei Faster than light immer eine lange Entwicklungsphase, wunderte man sich in der Spieleszene nicht, als nach der Veröffentlichung von Dungeon Master II erneut kein Lebenszeichen von FTL zu hören war. 1996 vernahm man jedoch ohne Vorankündigung die Einstellung sämtlicher Arbeiten. Seitdem sind keine Informationen mehr eingegangen. FTL reist scheinbar mit Lichtgeschwindigkeit dem nichts entgegen.
(Quelle: Historycorner.de)