First Star Software
„First Star Software? Nie gehört!“ werden sicher nicht wenige der geneigten Leser sagen. Und das, obwohl diese Firma schon seit 1982 aktiv ist. Trotzdem – vielleicht auch gerade deswegen – ist es unglaublich schwer etwas über die Geschichte der Firma und deren Hintergründe herauszufinden. In meinen Recherchen stellte ich fest, dass Informationen nur sehr spärlich existieren. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass ein großer Spiele-Hit aus diesem Hause kommt, der bis heute auf aktuellen Systemen (weiter)entwickelt und angeboten wird und das einzige kommerzielle Standbein von First Star Software (im folgenden FSS genannt) ist… dann will man mehr wissen. So mache ich mich doch auf die Suche und werde fündig. Zumindest latent. Und wer vielleicht die Idee hegt diesbezüglich einfach direkt Anfragen an FSS zu stellen: unnötig. Eine Antwort lässt lange auf sich warten. Eigene und die Erfahrungen anderer haben dies belegt…
So beginnt die Geschichte von FSS im Jahr 1982, als Richard Spitalny (der bis heute die Firmengeschicke leitet) und Fernando Herrera die Firma gründen. Der Name der Firma leitet sich aus dem Award „Atari Star“ hervor. Den bekommt Fernando Herrera 1981 für den Titel „My First Alphabet„. Ein Lernspiel das auf dem Atari 800 veröffentlicht wird. Da er der erste Gewinner dieses Awards ist nennt man sich folgerichtig „First Star Software“.
Die erste Veröffentlichung unter dem Label FSS ist „Astro Chase„. Das Spiel wurde von F. Herrera selbst entwickelt und erscheint kurz nach Gründung der Firma auf dem Atari 800. Umsetzungen auf den Atari 5200 sowie dem Commodore 64 folgen. Auf letzterem System erscheinen mindestens vier Versionen, jeweils unter anderem Namen Das Spiel ist dabei gleich, die Texte aber werden in die jeweilige Landessprache (italienisch, spanisch) übersetzt.
FSS tritt bei einigen Veröffentlichungen als Entwickler auftritt. Publisher ist „Statesoft„. Ob das einen speziellen Grund hat ist nicht bekannt. R. Spitalny verkauft schon kurz nach der Firmengründung Teile des Unternehmens an Warner Communications / Warner Bros. was nun den Zugriff auf große Namen ermöglicht. Man bedient sich nicht direkt bei Warner Bros. Selbst, sondern beim angeschlossenen Label „DC Comics“, welche nicht ganz unbedeutende Figuren wie Superman oder Spy vs. Spy in ihrem Fundus haben. So sind es dann auch genau diese Figuren, die den Weg vom Comic auf den Computer wagen. Die dreiteilige Spy-vs-Spy-Serie auf dem Commodore 64 entwickelt sich zu einem mittelschwerem Hit, das dem spaßigen Zweispielermodus aber auch sicher der Serie „Spion gegen Spion“ aus dem Magazin „MAD“ geschuldet ist.
Beginn der Ära „Boulder Dash®„
1984 startet die Ära „Boulder Dash®„. Man darf ohne Übertreibung sagen dass das Spiel bis heute die Lebensader von FSS ist. Auch deswegen verteidigt man das Copyright an dem Spielenamen und dessen Hauptcharakter „Rockford®“ kompromisslos. Das gilt nicht nur für aktuelle Veröffentlichungen sondern für die Serie allgemein.
Begeben wir uns zurück in das Jahr 1983…
…als Peter Liepa an eigenen Spielideen experimentiert. Er nimmt Kontakt zu FSS auf, da er nicht sicher ist welche seiner Ideen am Markt erfolgreich sein könnten. Vor Ort stellt er seine Projekte vor.Dort schlägt man ihm vor, sich mit Chris Grey in Verbindung zu setzen. Der hat schon ein Spiel programmiert, in der damals zwar sehr populären aber relativ langsamen Programmiersprache BASIC. Da er von Chris‘ Spiel resp. der Spielidee angetan ist nimmt er Kontakt zu ihm auf und fängt an es in Maschinensprache umzusetzen. Nach und nach sieht Peter ein, dass Chris‘ Spiel doch recht „unterentwickelt“ ist und fängt an eigene Ideen einfließen zu lassen. Das Ergebnis hat nur noch wenig mit der Grundidee von Chris gemein, schlussendlich wird intern sogar hinterfragt in welcher Form man Chris in den Credits verewigen soll…
Im Frühjahr 1984 erscheint das Spiel unter dem Titel „Boulder Dash®“ erstmalig auf den Atari 400/800-Systemen. Da zu dieser Zeit eine fast unüberschaubare Anzahl an (inkompatiblen) Computersystemen existiert, wird fleißig portiert. Als erfolgreichste Umsetzung gilt die für den Commodore 64, sie erscheint im Juli 1984. Weitere Plattformen (u.a. Acorn Electron, Schneider CPC, Apple II, MSX, ZX Spectrum, uva.), sowie der wiederauflebende Konsolenmarkt (u.a. das NES) und der aufkommende Markt der tragbaren Videospiele (GameBoy) werden bedient. Ein echtes Novum ist die Umsetzung auf ein Arcadesystem. Zu diesem Zeitpunkt ist das eigentlich nur in umgekehrter Richtung üblich.
Zwei Nachfolger erscheinen 1985 und 1986. Mit dem total verbuggten „Boulder Dash® III“ hat Liepa aber schon nichts mehr zu tun – er steuert nur einige Caves bei. Für FSS erscheint es finanziell günstiger ein eigenes Team anzusetzen, das geht allerdings zu Lasten der Qualität.
Auch das von den Fans herbeigesehnte und 1987 veröffentlichte „Boulder Dash® Construction Kit„. wird ein (programmiertechnisches) Desaster. Liepa muss Hand anlegen um wenigstens die gröbsten Bugs herauszufiltern. Das gelingt aber auch nur teilweise. FSS veröffentlicht das Construction Kit trotzdem und gibt der aufkommenden Homebrew-Szene Nahrung bessere Editoren zu entwickeln…
Boulder Dash® beschert FSS einen immensen Erfolg. Das geschieht nicht unwesentlich auf Basis der Eigenentwicklungen aus der Szene. Werden die Caves anfangs noch Byte für Byte über einen Monitor in den originalen Quellcode eingetippt so entstehen schon bald Editoren. Spätestens ab Mitte der 1980er werden im Wochenrhythmus von einer immer größer werdenden Fangemeinde neue Boulder Dash®-Kreationen auf den Markt geworfen. Kostenfrei. FSS war das ein Dorn im Auge, das Spiel wird nämlich nach und nach zur einzige(n) Einnahmequelle. Da machen die Massen an freien Clones Sorge. Ob es irgendwann tatsächlich zu einer Konfrontation kommt istnicht überliefert. Auch heute noch pocht FSS massiv auf das Copyright ihrer Veröffentlichungen aus den 1980er. Man weiß aber auch bei FSS, dass es ohne die Eigenentwicklungen der Szene wohl nicht zu diesem Erfolg und Wiedererkennungswert gekommen wäre.
Boulder Dash® wird bis heute auf aktuelle Konsolen aber auch auf Mobiltelefone und Smartphones umgesetzt, natürlich mit den technischen Möglichkeiten die sich heutzutage bieten. FSS tritt dabei nur noch als Lizenzgeber oder Co-Publisher auf. Der Kreis schließt sich 2002. Es erscheint eine offizielle Homebrew-Version für das Atari 5200. Dass bis zur Veröffentlichung noch lange Querelen vorausgehen, muss man wohl nicht extra erwähnen… Obwohl das Game privat entwickelt und in geringer Auflage produziert wird (100 Module!) tritt FSS dabei als Lizenzgeber auf). 2011 erscheint auch noch eine, von FSS offiziell abgesegnete, Version für das Atari VCS 2600.
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Weitere Aktivitäten
Nach 1985 gibt man das Publishing auf. Es wird zwar intern weiterentwickelt, größtenteils lizensiert man aber eigene Produkte an andere Firmen. Unter eigener Regie veröffentlicht man bis Ende der 1980er nur noch einige wenige Titel.
Zum 30jährigen Firmenjubiläum im Jahr 2012 legt man ein Merchandisingpaket für Boulder Dash®-Fans auf. Von T-Shirts bis zur Kaffeetasse gibt es alles was der Fan braucht. Auch die Webseite erfährt ein Relaunch mit Downloadmöglichkeit der größten Hits von FSS, darunter auch einige Titel die vorher nie veröffentlicht wurden. Seitdem ist es wieder ruhiger geworden, auch die Webseite erfährt keine Updates mehr.
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Und heute?
Als Familienbetrieb ist es FSS gelungen bis in die heutige Zeit zu überleben. Ganz maßgeblich ist auch die Commodore 64-Szene der 1980er dran beteiligt. Wer hatte damals nicht wenigstens ein Boulder Dash®-Clone in seiner Diskettenbox? Es ist also nicht vermessen zu sagen, dass es ohne diese Clones wohl nie zu diesem Erfolg gekommen wäre. Der Wiedererkennungswert ist bis heute nicht zu übersehen.
Man besteht zwar noch sehr restriktiv auf sein Copyright, mehr „Kleingedrucktes“ als auf deren Webseite sieht man nur in Verträgen für Versicherungen. Trotzdem scheint FSS nun etwas offener gegenüber Fanprodukten. Das ist positiv. Für alle.
(Quelle: Historycorner.de)