Amiga 600

Der Amiga 600, auch bekannt als A600, wurde im März 1992 auf der CeBIT dem lange wartenden Publikum vorgestellt, das sehr verhalten reagierte. Im Grunde war der Amiga 600 ein verkleinerter Bruder des originalen Amiga 500, der jedoch bereits mit dem neuem erweiterten Chipsatz (ECS = Enhanced Chip Set) ausgestattet war, der seit der Einführung des Amiga 3000 und dann kurze Zeit später im Amiga 500+ Verwendung fand. Die wohl größten Unterschiede zu dem altem Chipsatz (OCS = Old Chip Set) sind nun maximal 2 MB ChipMem und höhere Auflösungen, die aber vor allem für Spieler uninteressant waren, da der Prozessor, bei Verwendung dieser Auflösung, die Aufgaben nicht bewältigen konnte und das Bild ruckelte. Für den Amiga 3000 hingegen war das sicher von Vorteil. Neu hinzugekommen war ein ATA-Controller für 2,5“-Festplatten und eine PCMCIA-Schnittstelle, die es bequem ermöglichen sollte, den Speicher zu erweitern, eine Modem-Karte zu nutzen oder sogar Spiele, die auf Karten enthalten waren (vergleichbar mit Modulen). Wirklich durchsetzen konnte sich diese Technologie, im übrigen, nie.

Das wartende Publikum auf der CeBIT war mehr als enttäuscht, hatte man sich doch einen echten Nachfolger des Amiga 500 vorgestellt, weckte doch die höherwertige Zahl die Hoffnung auf einen erneuten Traumrechner, wie ihn der ursprüngliche Amiga seinerzeit darstellte. Als das Projekt „June Bug“ (wieder benannt nach einem Song der Band B52, wie auch „Rock Lobster“, die interne Codebezeichnung für den Amiga 500) entwickelt wurde, sollte er, unter dem Namen Amiga 300, das untere Preissegment abdecken und auch die letzten C64-Besitzer überzeugen innerhalb des Unternehmens einen Nachfolger zu finden, da der Commodore 65 (C65) nicht mehr erscheinen sollte. Mit großer Wahrscheinlichkeit war auch an den ehemaligen Ostblock gedacht worden, die nun zusehends an Rechnern mit mehr Leistung interessiert waren. Doch es ging alles schief. Die Unternehmensführung von Commodore, die schon immer daran interessiert war, aus alten Produkten immer wieder neue Geräte zu erschaffen, um sich so letztlich Entwicklungskosten zu sparen (was sich auch an der gesamten Geschichte des Amiga zeigt), benannte das System kurzerhand um. Viele Beobachter sehen mit diesem Schritt einen der entscheidenden Sargnagel für das Unternehmen Commodore. Nicht nur der Traum eines genialen Nachfolgers war ausgeträumt, auch die Idee eines kostengünstigen Amiga war verschwunden, denn anstatt günstiger zu sein, kostete er bis zu 80 € mehr, als der gleichwertige Amiga 500. Die Idee, einer optionalen, internen Festplatte, half da garantiert nicht den Mehrpreis zu erklären. Denn viel mehr konnte man an diesem System nicht mehr erweitern. Statt wie bisher, alle Prozessoren und Chips zu sockeln, so dass man diese austauschen konnte, gegebenenfalls mit erweiterten oder verbesserten Versionen, wurde in diesem Gerät alles fest verlötet (SMD-Technik = Surface Nounted Design, was bedeutet, dass nichts gesockelt ist, also in einem Sockel steckt und gewechselt werden konnte) und somit konnte auch keine leistungsgesteigerten Prozessoren verwenden. Erklärt wurde dieser Schritt damit, dass die Zahl der Garantiefälle, wegen Defekten, abnehmen sollte, was auch tatsächlich geschah, aber leider die Erweiterbarkeit zunichte machte. Zudem fehlte der rechtseitige Nummernblock völlig und Ängste das Konsumenten fällt zusätzlich ein, da einige Programme, vor allem aber auch Flugsimulatoren darauf angewiesen waren.

Selbst der damalige Manager von Commodore Großbritannien, David Pleasance, bezeichnete das Gerät als “völligen und kompletten Mist”. Man kann davon ausgehen, dass auch die A600HD-Modelle (mit 20 oder 40 MB Festplatten) von ihm denselben Kommentar erhalten hätten. Und egal, wie Commodore es auch nannte, in Großbritannien wurde er als Schulcomputer vermarktet(!), die A600er Serie war ein totaler Reinfall. Die Versionen mit Festplatte kosteten annähernd das Doppelte des üblichen Amiga 600 und schufen sogar eine Inkompatibilität zum Rest der Amiga-Familie, da die Festplattencontroller für ihre Arbeit, einen gewissen Teil des RAM für sich beanspruchten und bestimmte Spiele, die den gesamten Speicher nutzten, somit nicht starten konnten (im Falle von Speichererweiterungen funktioniert diese Spiele zumeist schon).

Traurigerweise war der Amiga 600 zudem das erste Modell, das nicht in Deutschland oder Amerika, sondern bei Commodore UK, also Großbritannien, hergestellt wurde.

Erneut musste der, langsam in die Jahre kommende, Motorola 68000 als Prozessor dienen, und verrichtete diese Arbeit noch immer mit derselben Taktfrequenz von 7,09 Mhz. Gab es damals von Commodore für die anderen Modelle ebenfalls Turbokarten, so konnten sie diese hier nicht anbieten, dank der Verlötung aller Prozessoren und Chips (SMD-Technik). Findige Dritthersteller fanden jedoch einen Weg, auch Motorola 680010, 68020 (mit bis zu 25 MHz), 68030 (maximal 50 Mhz), mittels Turbokarten, die den Originalprozessor umgingen, in das System zu integrieren. Jedoch arbeiteten diese Wege, alles andere, als stabil.

Obwohl der neue Agnus 2 MB ChipMem ansprechen konnte, waren nur 1 MByte integriert und der Benutzer selbst musste für die Speichererweiterungen sorgen, dafür existierte erneut im Unterboden eine Klappe. Weitere 4 MByte, die dann allerdings als FastMem angesprochen wurden und nur dem Prozessor zur Verfügung standen, konnten in den PCMCIA-Steckplatz eingeführt werden. Es gab sogar Wege, als Beispiel dient hier das A806, das 8 MByte Speicher hatte, noch mehr Speicher dem System zur Verfügung zu stellen. Mithilfe der, so genannten Turbokarten, konnten maximal 128 MByte zusätzlich in das System integriert werden.

Ebenso schlimm, wie es dem Prozessor erging, stand es auch um die grafischen und musikalischen Fähigkeiten des Systems. Maximal konnten noch immer „nur“ 4096 Farben gleichzeitig dargestellt werden, doch für Spieler beispielsweise, die das hätten nutzen können, wäre der Prozessor einfach überfordert gewesen. Typischerweise benutzte der Amiga 600, genau wie alle Amiga, die zuvor entwickelt wurden, in den meisten Fällen den 32-Farbenmodus bei 320 × 200 Pixeln. Zwar erlaubte das System auch eine Auflösung von maximal 1280 × 512 Bildpunkten, jedoch konnten hier nur vier Farben gleichzeitig dargestellt werden.

Auch der Sound hatte sich nicht geändert, es war noch immer der gleiche Chip, der bereits sieben Jahre zuvor entwickelt wurde.Weiterhin konnten neun-polige Joysticks und Mäuse verwendet werden und er besaß, genau wie der Rest der Familie, einen RS-232-kompatiblen seriellen Port und einen Centronics Parallelport und konnte daher auf eine große Vielfalt an Peripherie, die ursprünglich für die anderen Amiga Modelle entwickelt wurde, zurückgreifen. Als Betriebssystem griff der Amiga 600 auf das OS 2.0 zurück, dass aus einer Workbench 2.0 und einer Kickstartversion 2.05 bestand (Revision 37.299, 37.300 oder 37.350). Die ersten Revisionen hatten zudem mit dem Problem zu kämpfen, dass sie keinerlei Unterstützung für einen internen ATA-Controller hatten, vom PCMCIA-Port ganz zu schweigen. Diese konnten zwar von einer Diskette nachgeladen werden, jedoch war es dem System nicht möglich, direkt von einem dieser beiden Ports das System selbst zu starten, was gerade bei Festplatten sinnvoll wäre. Als dies erkannt wurde, wurden sie schnell durch eine andere Revision ersetzt. Jedoch auch die Revision 37.300 hatte einen Fehler, die den maximalen Speicher der Festplatte auf 40 MByte limitierte, egal, was eine Festplatte man einsetzen würde (größere Festplatten wurden somit nicht erkannt). Später existierte ein Update auf die Workbench 2.1, die es dem Benutzer nun endlich ermöglichte, diese landesspezifisch zu gestalten und nun auch in der eigenen Landessprache Mitteilungen aus gab. Als Bonus gab es den Treiber CrossDOS, die dem System ermöglichten MS-DOS formatierte Disketten oder Festplatten zu lesen. Als letztlich das Amiga OS 3.1 auf dem Markt kam, gab es eine Möglichkeit, zumindest das Kickstart-ROM auszutauschen, der einzige Chip, der im System gesockelt war!

Der Amiga 600 hatte eine recht schwache Verbreitung, insgesamt wurden in Deutschland lediglich 193.000 Einheiten verkauft, was gegenüber den anderen Versionen, besonders dem Amiga 500, geradezu lächerlich war. Als Randbemerkung sei hier dem Verfasser zuzugestehen, dass ich dem Spender Marc Hoffmann dankbar bin, dass er mir seinen Amiga 600 bei seinem Umzug geschenkt hatte!

Amiga 600 technische Daten


Prozessor
Typ: Motorola MC68000
Taktfrequenz: 7,14 MHz

Speicher
Chip-RAM: 1 MB (max. 2 MB)
Fast-RAM: 0 KB (max. 4 MB)
ROM: 512 KB

Betriebssystem(e)
Kickstartversion(en): 2.05
AmigaOS-Version(en): 2.05

Grafik
Chipsatz: ECS
max. Farben: 4096 (HAM-Modus)

Laufwerke
Diskettenlaufwerk: 1 x 3,5″ intern, DS/DD, 880 KB
Diskettenlaufwerk: optional 3 zusätzliche externe Laufwerke

Schnittstellen
intern: 1 x PCMCIA (PC-Card)
intern: 1 x IDE
intern: 1 x Floppyport

extern: 1 x Color Composite-Video, Cinch
extern: 1 x RGB Video (analog, 15 KHz), D-Sub 23-pol
extern: 1 x Parallelport, Centronics, D-Sub 25-pol
extern: 1 x Serialport RS-232, D-Sub 25-pol
extern: 1 x Floppyport, D-Sub 23-pol
extern: 2 x Cinch für 4-Kanal Stereo-Sound
extern: 2 x Maus-/Joystick-Port, D-Sub 9-pol

Gehäuse und Tastatur
Gehäuse: Kompakt-Gehäuse, “Tastatur-Computer”
Tastatur: 78 Tasten, kein Ziffernblock, in Gehäuse integriert

Amiga 600 HD technische Daten

Laufwerke
Diskettenlaufwerk: 1 x 3,5″ intern, DS/DD, 880 KB
Diskettenlaufwerk: optional 3 zusätzliche externe Laufwerke

Festplatte: IDE, 40 MB, 2,5″

sonst wie Amiga 600

Linktipps für mehr Informationen

Commodore Computer Online Museum

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