Amigaland

Jack Tramiel (Commodore)

Jack Tramiel (13.12.1928 - 08.04.2012)

Die Geschichte des Heimcomputers ist mit keinem anderen Namen so eng verbunden wie mit dem von Jack Tramiel. Doch schon zuvor hat Jack in seinem Leben mehr gesehen, als manch andere verkraften können und schaffte es dennoch, oder gerade vielleicht deswegen, immer wieder auf seinen Beinen zu landen. Jack Tramiel, oder eigentlich Idek Trzmiel wurde 1928 in Łódź, der drittgrößten Stadt Polens, die im heutigen Zentrum des Landes liegt, geboren. Mit elf Jahren erlebte er die Invasion Polens, seitens Deutschland und schon kurze Zeit später wurde er, gemeinsam mit seiner Familie, in das jüdische Ghetto der Stadt transportiert. Dort arbeitete er in einer Hosenfabrik, bis das Getto schlussendlich einige Jahre später aufgelöst wurde und seine gesamte Familie in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Der Schrecken schien für den Jugendlichen kein Ende zu nehmen, denn der berüchtigte Dr. Mengele und untersuchte ihn persönlich und wurde in einer Arbeitsgruppe eingeteilt, zu der auch sein Vater gehörte. Seine Mutter verblieb für immer in Auschwitz und er und sein Vater wurden in ein Arbeitslager nähe Hannover verfrachtet, wo sein Vater, für Experimente missbraucht wurde, bei denen er letztendlich starb. Tramiel selbst wurde im April 1945 von der US Armee befreit und emigrierte bereits zwei Jahre später, also 1947 in die Vereinigten Staaten von Amerika und wurde bald selbst Mitglied in der US Armee.

Tramiel erwarb sich dort die notwendigen Fähigkeiten jegliche Gegenstände zu reparieren, vor allem aber Schreibmaschinen. Als er aus der Armee ausschied und sein Glück als Taxifahrer suchte, entdeckte er ein Geschäft in der Bronx, das er schon bald kaufte und dort ein Geschäft zur Reparatur von Schreibmaschinen, unter dem Namen Commodore Portable Typewriter, 1953 eröffnete. Das Geld, das er dazu benötigte, erhielt er von der US Armee, die langjährigen Soldaten günstige Kredite anbot, in seinem Fall 25.000 $. Es gibt viele Legenden bezüglich der Namensgebung des Unternehmens, unter anderem auch die, dass Tramiel auf den Straßen von Berlin einen Opel Commodore gesehen hatte und so auf diesen Namen kam. Jedoch kam der Opel Commodore erst 1967, also 14 Jahre später, auf dem Markt und hatte mit der Namensgebung nichts zu tun. In Wahrheit war es so, dass Jack, bedingt durch seine militärische Laufbahn, militärische Ränge einfach mochte und höhere Ränge, wie Admiral und General, waren bereits vergeben, also musste der Rang Commodore als nächstes hinhalten, was ungefähr einem Konteradmiral entsprechen würde (man denke in diesem Zusammenhang nur an den Amiga, wenn dieser Admiral oder General Amiga hätte heißen sollen…).

Bereits zwei Jahre später, das Geschäft schien gut zu gehen, handelte Tramiel einen Vertrag mit einer tschechoslowakischen Schreibmaschinenfirma aus, damit Jack diese in Nordamerika verkaufen konnte, jedoch stand diesem Vertrag, der nun kalte Krieg gegenüber, der jeglichen Import von Waren aus dem Ostblock verbot. Jack Tramiel packte das Problem von der anderen Seite an und zog mit seinem Unternehmen 1955 nach Toronto in Kanada und wechselte den Namen in Commodore Business Mashines. Seine Schreibmaschinen verkauften sich gut, allerdings schwemmte bereits eine gewaltige Flut an japanischen Schreibmaschinen auf den nordamerikanischen Markt und konnte, bedingt durch die günstige Herstellung, den Markt alsbald übernehmen. Das Unternehmen geriet in Not und Tramiel sah sich genötigt, zusätzliches Kapital zu beschaffen. Er verkaufte 17 % seiner Aktien (Commodore ging 1962 als Aktiengesellschaft auf den Markt) an den kanadischen Geschäftsmann Irving Gould für die Summe von 400.000 $. Tramiel und auch Gould ahnten, dass sie mit ihren Schreibmaschinen nicht gegen die günstigen japanischen Geräte ankommen würden. Statt dagegen anzukämpfen, wechselte Jack Tramiel einfach das Produkt.

Nach einer Neustrukturierung verkaufte Commodore nun Rechenmaschinen und wieder profitierte das Unternehmen so lange, bis auch hier erneut die japanische Marktwirtschaft das Produkt entdeckte und in Massen auf den Markt warf. Getreu dem Motto: legst du mich einmal rein, Schande über dich, legst du mich ein zweites Mal rein, Schande über mich, schlug im Gould vor, einmal selbst nach Japan zu reisen um dort zu erfahren, wie sie es schaffen konnten, immer wieder den internationalen Markt, mit ihren Produkten, komplett zu übernehmen . Bei dieser Reise lernte er, zum ersten Mal, digitale Rechenmaschinen kennen und erkannte, dass die Ära der mechanischen Maschinen, eher kurz als lang, beendet war und entschied in diesen Markt einzusteigen. Zu diesem Zwecke kombinierte das Unternehmen, kurze Zeit nach seiner Rückkehr, ein LED-Display mit einigen integrierten Schaltkreisen (IC = Integrated Circuit) von Texas Instruments (TI) und präsentierte dem Markt ihren ersten eigenen Taschenrechner. Dies geschah genau zur richtigen Zeit und der Markt reagierte erfreut über das Produkt. Texas Instruments selbst, sah nun erst das Potenzial dieses Marktes und schnitt Commodore von der lebenswichtigen zuvor an ICs regelrecht ab, um selbst ihre eigenen Taschenrechner anzubieten. Da sie die Schaltkreise selbst herstellten, konnten sie diese zum Produktionspreis kalkulieren und so sämtliche Konkurrenten im Preis der Taschenrechner deutlich unterbieten. Der Preisunterschied war so eklatant, dass die Taschenrechner von Texas Instruments weniger kosteten, als der Preis, den Commodore für einen einzelnen Schaltkreis bezahlen musste! Wieder war das Unternehmen Commodore fast am Ende und wieder investierte Gould in das Unternehmen eine kräftige Geldspritze von 3 Millionen $, die es nun ermöglichten, das Commodore das Unternehmen MOS Technology, Inc., ebenfalls ein Hersteller von integrierten Schaltkreisen und ein Halbleiterwerk, für 800.000 $ aufkauften.

Mit der eigenen Herstellung von den benötigten Schaltkreisen konnte Commodore den Kampf wieder aufnehmen. Später einmal sagte er, dass er von diesem Zeitpunkt an wusste, dass der einzige Weg im Geschäft zu bleiben der war, ihn komplett zu kontrollieren. Um sich auch weiterhin abzusichern und einen eventuellen neuen Markt zu erschließen, war dabei auch interessiert Apple aufzukaufen und traf sich mit den beiden Gründern 1976. Tramiel war ein Geschäftsmann, der ohne Hemmungen und brutal handelte, wenn es um Geschäfte ging und Tramiel und Apple wurden sich nicht handelseinig. Nach späteren Aussagen von Chuck Peddle, dem damaligen Chefdesigner bei MOS ging es, historisch betrachtet, um die läppische Summe von 50.000 $, an denen der Deal scheiterte. Hätte Tramiel es richtig gemacht und wäre darauf eingegangen, hätte Apple als Unternehmen, in dieser Form, nie existiert und wäre in Commodore aufgegangen. So wurde es, bereits ein Jahr später, zu einem der schwersten und zugleich fähigsten Konkurrenten.
Kurze Zeit später hatte Tramiel ein Gespräch mit dem Chefdesigner Chuck Peddle von MOS, der ihm prophezeite, dass der Markt für Taschenrechner schon bald am Ende wären und die Ära des Computers beginnen würde, da dies der nächste logische und evolutionäre Schritt wäre. Im Zuge dessen hatte Peddle, schon vor dem Aufkauf, an einem Prozessor gearbeitet, dem 6502, der für viele Jahre lang die Hauptkomponente innerhalb des Unternehmens wurde.
Jack Tramiel schien das auch bewusst zu sein, hatte er ja bereits versucht mit Apple einen Vertrag zu schließen, dennoch glaubte er nicht, dass Peddle in der Lage war einen solchen Rechner zu konstruieren und verlangte einen Beweis und Peddle lieferte ihm diesen mit dem Commodore PET, der auf dem, von ihm entworfenen Prozessor basierte (MOS 6502). Tramiel war begeistert und auf der CES 1977 in Chicago wurde dieser Computer der Öffentlichkeit vorgestellt. Der PET schlug ein wie eine Bombe und das Unternehmen erhielt 50 Anrufe pro Tag für Vorbestellungen diverser Händler. Besonders in Schulen war dieser Rechner gefragt, da er alle benötigten Komponenten bereits in seinem Gehäuse integriert besaß.

Nun steht auch viele andere Unternehmen in das Heimcomputergeschäft ein und es zeigte sich, dass der PET gegenüber der Konkurrenz keinerlei Chance mehr hatte, besaß er doch nur monochrome Fähigkeiten. Commodore konterte dann mit dem VIC 20 und daraufhin mit dem Commodore 64, der zum meistverkauften Heimcomputer aller Zeiten wurde. Für Tramiel war dieser Computer der direkte Konkurrent zum Apple II, der mit dem gleichen RAM ausgestattet war und ähnliche Leistungen zeigte. Zu dieser Zeit entstand auch sein berühmtes Motto: “We need to build computers for the masses, not the classes.” (frei übersetzt: “Wir müssen Compuer für die Massen bauen, nicht für die Klassen, also besseren Käuferschichten“). Ihm war klar geworden, dass Computer nun nicht mehr ausschließlich für wissenschaftliche Institute oder aber Unternehmen und Bastler interessant waren völlig, sondern die Menschheit als solches davon profitieren sollte (woraus Commodore profitieren sollte). Texas Instruments brachte einen neuen Konkurrenten namens TI99 auf dem Markt. Hatte zuvor Commodore einen Marktanteil von 25 %, wie auch der Texas Instrument 99, oder aber der Sinclair ZX 81 (die restlichen 25 % entfielen auf sämtliche andere Marken, unter anderem auch Atari oder Tandy), entbrannte nun ein gewaltiger Preiskampf, der beiden Unternehmen 1982 zusetzte und viele Unternehmen aus dem Markt drängte (wobei einige, durch das Experiment Heimcomputer zu viel investiert hatten und bankrott gingen). Wie Tramiel einmal sagte: “Geschäft ist Krieg” und er führte ihn ohne Gnade. Wie Texas Instruments zuvor bei den integrierten Schaltkreisen, konnte Commodore die eigenen Rechner mit den Prozessoren von MOS zum Selbstkostenpreis herstellen und konnte damit alle anderen, zu diesem Zeitpunkt, großen Unternehmen aus dem Feld schlagen. Sowohl Atari, als auch Texas Instruments machten gewaltige Verluste und es führte soweit, dass Texas Instrument für immer aus dem Computergeschäftausstieg, dafür der Commodore 64 aber einen Marktanteil von 75 % erreichte.

Tramiel hatte gewonnen, doch innerhalb seines eigenen Unternehmens erwuchsen seine Gegner aufgrund seines Führungsstils. Zwar war das Unternehmen eine Aktiengesellschaft, doch führte er das Unternehmen alleine und führte alle großen Entscheidungen selbst aus, ohne dies mit der Leitung abzusprechen. Der Eklat entstand, als er seine Söhne in das Unternehmen integrieren wollte, jedoch nicht in irgend einer Abteilung oder als Abteilungsleiter, sondern direkt in den Vorstand. Dies war selbst im Vorstand zu viel und Tramiel musste gehen. Gemäß seinem Mottos, dass das Geschäft ein Krieg war, ließ Tramiel sogleich die nächste Bombe platzen, mit der nun wirklich niemand gerechnet hatte: er verkaufte seine sämtlichen Commodore Aktien und gründete Tramel Technology, Ltd. (TTL), die einen Computer herstellen sollte, der die nächste Generation war ( es war ihm dabei klar, dass dieser Rechner ein 16-Bit Prozessor haben müsse und vor allem mit dem, eben erst vorgestellten, Macintosh mithalten konnte. Wieder war auch der Preis dabei entscheidend) und zahlreiche Commodoremitarbeiter folgten ihm, unter anderem Shiraz Shivji, einer der Hauptentwickler des C64. Hierbei standen sie schon in Kontakt zu Amiga Incorporated, die bereits seit einiger Zeit an einem Computer der nächsten Generation arbeiteten. Diese hatten jedoch bereits selbst einen Vertrag mit Atari, der darauf basierte, dass der Chipsatz des Prototypen Lorraine die Basis für eine erweiterte XL-Reihe sein und im Juni 1984 ausgeliefert werden sollte. Tramiel erkannte aber das Potenzial dieses Computers und es sollte sich als Glück erweisen, der sechs Monate später den nächsten großen Coup von Tramiel einleitete.

Warner Communications, die 1976 Atari Incorporated von Nolan Bushnell für etwa 12 Millionen $ kaufte, geriet, aufgrund des Videospiel-Crashs (dem so genannten Atari Debakel), der im direkten Zusammenhang mit dem Preiskampf von Commodore und Texas Instruments stand, in Schwierigkeiten. Niemand wollte mehr ein Videospielsystem kaufen, wenn es zu einem, geringfügig höheren, Preis mehr Leistung und Funktionen in Form eines Computers gab. Aber die Atari-eigenen Computer konnten sich aus der Masse nicht herausheben. Ein Käufer musste her, damit Warner sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren konnten und Tramiel schlug zu und kaufte das sinkende Schiff Atari Inc. am 3. Juli 1984. Jedoch erhielt er nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur die Computersparte. Atari Games hingegen, verblieb bei Warner.

Da er von den Verpflichtungen der Amiga Incorporated gegenüber Atari wusste, pochte er, wie gewohnt, auf die Einhaltung des Vertrages, doch die Entwicklung verzögerte sich und Tramiel bot nun an das Unternehmen zu kaufen und wieder machte seine brutale Art und Weise die Verhandlungen völlig zunichte. Anstatt, wie beim Handeln üblich, sich preislich immer weiter zu nähern, unterbot Tramiel sein eigenes Angebot bei jedem TreffenJay Miner, der Vater des Amigas und sein Team waren entsetzt. Commodore, das ehemalige Unternehmen von Tramiel, die zudem selbst Probleme hatten einen neuen Computer zu erstellen, hörten von diesen Verhandlungen und boten in letzter Sekunde das doppelte dessen, was Tramiel Amiga bot und wurde damit ein Bestandteil von Commodore. Atari besaß zu dieser Zeit kein Modell oder keine Reihe, die es mit dem Lorraine-Projekt, von Commodore nun Amiga getauft, aufnehmen konnte. Tramiel stoppte sofort die Entwicklung neuer oder unsinniger Modelle, die noch immer auf alten 8-Bit Prozessoren basierten (abgesehen von den Atari XE-Modellen, die als Redesign angesehen werden konnten, damit sie optisch zum Atari ST passen würden). Mit Hilfe von Shiraz Shivji entwickelte, das von ihm in gewohnter Weise regierte Unternehmen, Atari innerhalb von fünf Monaten das Modell Atari ST, das bereits zur CES in Las Vegas 1985 mit dem beiden Modellen 130 ST und 520 ST der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Computer wurde sofort ein Erfolg (insbesondere der 520 ST) und hatte dies auch dem MIDI-Interface zu verdanken, der den Computer im Bereich der professionellen Musikproduktion etablierte.

So erfolgreich der Computer bei dem Benutzer auch war, viele Fachzeitschriften bezeichneten ihn eher als den fehlerhaftesten Computer aller Zeiten und zahlreiche Modelle kehrten in die Werkshallen zurück, um dort ROMs und Grafikprozessoren ausgetauscht zu bekommen. Für ein Modell, das den Businessmarkt anpeilte, war dies ein schwerer Schlag, von dem sich Atari nie erholte, auch wenn es zahlreiche CP/M-Konvertierungen existierten, die gerade für Geschäftskunden wichtig waren. Im Heimcomputermarkt jedoch dominierte der ST bis zum Erscheinen des Amiga 500. Immer im Bewusstsein für die Massen herzustellen (und damit auch, durch die Großherstellung, den Preis niedrig zu gestalten) kamen weitere, zahlreiche Produkte auf dem Markt, wie auch die ersten Laserdrucker, die einen Bruchteil der Konkurrenzmodelle kostete, da sämtliche Elektronik weggelassen wurde und die Arbeit dem Atari ST aufgebürdet wurde.
Doch auch ein Jack Tramiel konnte gegen die, immer stärker wachsende, Dominanz der PC-kompatiblen nichts ausrichten. Zudem war der Kampf im Heimcomputermarkt gegen den Commodore Amiga bereits verloren und Tramiel sah dies nun auch ein. 1995, mit 67 Jahren, verkaufte er das Unternehmen Atari an den Festplattenhersteller JTS und zog sich gänzlich aus sämtlichen Unternehmungen zurück und genießt seither seinen Ruhestand.

 (Quelle: Historycorner.de)

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