Amigaland

Chuck Peddle (MOS 6502, Motorola)

Chuck Peddle (25.11.1937 - 15.12.2019)

Chuck Peddle ist sicherlich nicht so bekannt, wie Steve Wozniak oder Jay Miner, allerdings trug er maßgeblich zur Verbreitung von Computern auf dem Massenmarkt bei und half bei der Entwicklung zahlreicher Systeme und Modelle. Geboren wurde Chuck 1937 in Bangor, Maine, das den meisten wohl aus zahlreichen Stephen King Romanen bekannt sein dürfte. Entgegen den Romanen schien dies ein beschaulicher Ort zu sein, denn nach seinem Schulabschluss besuchte er die Universität von Maine und schloss diese 1960 als Ingenieur ab. Ein wichtiger Punkt war dabei das letzte Semester, als die Dozenten einen fortschrittlichen Kurs über binäre und algebraische Konzepte anboten. Chuck interessierte sich begeistert dafür und wusste, das ihn diese Leidenschaft nicht mehr verlassen würde.

Bereits ein Jahr nach seinem Abschluß war Peddle bei General Electric tätig und für die Integration des Time-Sharing-Konzeptes mitverantwortlich. Dieses Konzept liess mehrere Mitarbeiter über Terminals gemeinsam an einem Hauptrechner arbeiten. Waren Computer zu der Zeit schon eine Revolution, so war das Konzept des Time Sharings nicht minder interessant. Es ermöglichte die Arbeit mehrerer Benutzer, ohne dabei jedem einzelnen einen teuren Computer zur Verfügung zu stellen (wobei die Terminals damals auch nicht billig waren). Fast zeitgleich war er bei der Entwicklung einer elektronischen Registrierkassen mitverantwortlich.

Seine Arbeiten sprachen für sich, doch 1970 entschied das Unternehmen, dass der Markt für Computer übersättigt ist und hatte somit keinerlei weitere Verwendung für die Mitarbeiter dieses Bereiches. Chuck erhielt eine stattliche Abfindung, ebenso wie die meisten anderen Mitarbeiter. Gemeinsam mit drei Kollegen nutzte man die finanziellen Mittel, um nun selbst ein Geschäftsunternehmen auf die Beine zu stellen und die selbst entwickelten elektronischen Registrierkassen auf den Markt zu bringen. Das Konzept wurde sogar noch erweitert und erlaubte nun auch das Zahlen per Kreditkarte an Tankstellen. Die Branche sah mit großen Interesse zu und war gespannt auf weiterführende Details. Allerdings, wie so oft in der Geschichte der Elektronik, begannen die finanziellen Mittel rasch zu versickern und eine Weiterführung des Projektes kam nicht zustande. Peddle hatte nicht einmal die Mittel, um ein Patent einzureichen und viele Unternehmen übernahmen das Konzept, ohne auch nur einen Cent dafür ausgeben zu müssen. Zusätzlich entwickelten sich innerhalb des Teams einige Probleme. In diesem Fall heiratete Chuck die Ex-Frau eines seiner Partner. Dies hatte zur Folge, dass es besser wäre, wenn die kleine Firma sich erstmal zurückziehen würde aus dem Geschäftsfeld. Allerdings geschlossen wurde die Firma nicht, sie ruhte lediglich.

Als frisch gebackener Ehemann wollte Chuck allerdings wieder Geld in die Familienkasse füllen und wurde zu einem Bewerbungsgespräch zu Texas Instruments, aber auch zu Motorola eingeladen. Beide Unternehmen waren interessiert an ihm und Chuck musste zwischen der Arbeit an einem Luftverkehrsüberwachungssystem oder aber an der Entwicklung eines neuen günstigen Mikroprozessors wählen. Sicherlich war die Arbeit mit Texas Instruments und deren schnellen Rechensystemen mehr als eine Überlegung wert, aber sein Herz hing nun einmal an der Mikroelektronik und Chuck sagte Motorola zu. 1973 begann seine Arbeit und er entwickelte, unter der Aufsicht von Tom Bennett, gemeinsam mit ihm den legendären Motorola 6800, dem Vorgänger des späteren 16 bit Prozessor Motorola 68000. Chuck selbst hatte vertraglich festsetzen lassen, dass er die endgültigen Pläne auch später noch in seinem kleinen Unternehmen nutzen könne. Motorola hatte dagegen keine Einwände und sicherlich erhielt das Unternehmen zu dieser Zeit öfters solche Anfragen und meist war von diesen Firmengründungen nach kurzer Zeit nichts mehr zu hören. Motorola war sich seiner Sache sicher.

Chuck dagegen stürzte sich auf die Arbeit und begann schon bald etliche Hauptprobleme bei der Entwicklung aus dem Wege zu räumen. Konnten diese nicht auf herkömmlicherweise gelöst werden, entwarf Chuck Zusatzchips, die das Problem einfach umgingen. Die Arbeitswut, die Chuck an den Tag legte, ist vielleicht nur dadurch zu erklären, dass er selbst glaubte, an dem ersten echten Mikroprozessor der Welt zu arbeiten. Gewiss, ihm war klar, dass Intel zuvor den “ersten” Mikroprozessor, namens Intel 4004 auf den Markt gebracht hatte. Allerdings sagte er später einmal aus, dass diese für ihn nichts weiter als erweiterte Taschenrechner waren. Noch Jahre später war er darüber erschüttert, dass Tom Bennett nie die Anerkennung erhielt, die ihm vergönnt gewesen wäre.

Aber auch sonst waren die ersten Jahre der Mikroprozessorelektronik alle andere als einfach. Sie sind nicht annähernd mit der heutigen Zeit vergleichbar. Chuck musste oft bei Unternehmen vorstellig werden und ihnen die Vorzüge des Prozessor erklären. Die Ingenieure bei Ford oder anderen großen Firmen waren sogar mehr als beeindruckt, allerdings schien ihnen der Stückpreis von, heute immerhin, 2500 $ zu hoch, um daraus Produkte entwickeln zu können, die sich verkaufen und dann auch amortisieren könnten. Peddle verstand diese Sichtweise nur zu genau, denn ohne Abnehmer war sein Produkt nutzlos. Er traf sich mit einigen weiteren Kunden von Motorola und erfuhr durch eine Umfrage, dass die meisten an einem Prozessor Interesse bekundeten, der im Höchstfall 25 $ kosten würde!

Wie auch immer Chuck Peddle diesen Preis aufgefasst hat, dem Vorstand von Motorola schmeckte dieser überhaupt nicht. Auch die Entwicklungsmannschaft bei Motorola war nicht bereit einen verbesserten Chip zu konstruieren, schon gar nicht aus dem Grund, als das der Prozessor sich durchaus verkaufte. Peddle dachte jedoch nicht nur an Unternehmen, die große Mengen kaufen würde. Er war davon überzeugt, das ein Mikroprozessor auch ein weiteres Umfeld ansprechen würde und warb dafür an zahlreichen Stellen. Motorola selbst verlor die Geduld und überreichte Peddle eine schriftliche Verwarnung, die ihn aufforderte dieses Ziel nicht weiter zu verfolgen. Chuck reagierte gelassener als manch anderer und zog die Konsequenzen, er kündigte seine Arbeit auf und konzentrierte sich auf sein eigenes Projekt: eine Weiterentwicklung des Motorola 6800. Glücklicherweise konnte er Bill Mensch und fünf weitere Entwickler ebenfalls davon begeistern Motorola zu verlassen und einen eigenen Weg zu gehen. Gemeinsam fanden sie ein neues Wirkungsfeld bei John Pavinen, einem alten Kollegen aus ihren gemeinsamen Zeiten bei General Electric, der nun seine eigene Fabrikationsstätte, namens MOS Technologies, gegründet hatte.

Chuck war noch immer besessen von der Idee eines Prozessors, der nicht mehr als 25 $ kosten sollte. Er gab den Ingenieuren eine Liste, die Funktionen beinhaltete, die der Chip beherrschen sollte. Um den Prozessor dabei aber in den Dimensionen nicht ausufern zu lassen, gab er die genaue Größe vor. Dies war jedoch nicht ein wirkliches Problem, denn Chuck wollte nur die Funktionen im Chip implementieren, die von den Konsumenten auch wirklich genutzt wurden. Alle weiteren Befehle wären, seiner Meinung nach, unsinnig gewesen. Hilfreich war ihm bei der Entwicklung die Mitarbeit am Motorola 6800 und einige Details wurden auch übernommen, allerdings nur jene, die keine Patente des Rechtsinhabers verletzen würde. Als Chuck und sein Team die Lötkolben beiseite gelegt hatten, ahnten sie sicherlich nicht, dass sie einen Prozessor geschaffen hatten, der in mehr Computern seinen Anwendern Freude bereitete, als der Motorola 6800 jemals verbaut werden würde. Für sie war es lediglich eine modifizierte und verbesserte Version des Vorgängermodells.

Um diesen auch effektiv produzieren zu können, mussten neue Fertigungsschritte in der Produktion eingeführt werden. MOS Technologies war ein kleines Unternehmen, im Gegensatz zu Motorola oder Intel, und konnte sich die übliche Ausschussrate von bis zu 70% nicht leisten. Das neue Programm verbesserte die Ausbeutungsrate erheblich und die Ausschussrate verringerte sich auf 30%. Durch die verbesserte Produktion fielen auch weniger Kosten an und Chuck war seinem Traum ein Stück näher gekommen.

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Doch noch immer fehlten Abnehmer und Peddle sah sich wieder gezwungen in anderen Unternehmen vorstellig zu werden. Statt nun jedoch alle Firmen einzeln zu besuchen, zog er es vor die bevorstehende Western Electronics Show 1975 zu nutzen und direkt vor Ort seine Chips zu verkaufen. Kurz vor der Eröffnung der Veranstaltung erklärte man Peddle allerdings, dass es nicht gestattet war, Produkte direkt auf der Show zu verkaufen. Chuck zögerte nicht lang und mietete in einem nah gelegenen Hotel ein Zimmer und setzte seine Frau an einem Tisch, auf dem zwei Gläser voller MOS 6501 Prozessoren standen. Chuck Peddle wusste, das beim Verkauf einzig die Optik zählte: eine attraktive Frau mit einer Unzahl von günstigen Chips, der Traum eines jeden Computerbegeisterten dieser Zeit. Was diese jedoch nicht wussten war die tatsache, das die Prozessoren im unteren Teil der Gläser samt und sonders defekt waren! Dem Verkauf hatte es allerdings nicht geschadet.

Vielmehr hatten sie das Auge ihres einstigen Arbeitgebers, Motorola, auf sich gelenkt, die nun erst erkannten, was es mit Chuck und seiner Verbesserung auf sich hatte. Unternehmen dieser Größe ärgern sich jedoch nicht nur, sie ärgern auch die ehemaligen Angestellten: das Unternehmen verklagte MOS (und damit auch Chuck Peddle) wegen Patentrechtsverletzungen. Peddle hatte nichts zu befürchten, hatte er doch bereits von Beginn an darauf geachtet, dass Motorola keinen Angriffspunkt nutzen könnte. Leider sah Allen Bradley, der damalige Besitzer von MOS Technology, die Sachlage anders und wollte seinen Kopf für das kleine Unternehmen sicherlich nicht riskieren. Er stieg aus dem Unternehmen aus und die Geschäftsführung hatte nun keinen Verantwortlichen mehr. MOS Technology wollte jedoch nicht erneut einen fremden Unternehmensleiter und begann nun Kredite aufzunehmen.

Um den Rechtsstreit beizulegen, kam Chuck nun auf die Idee den MOS 6501 weiterzuentwickeln und darüber hinaus auch nicht pin-kompatibel zum Vorgänger zu machen, einfach nur, um Motorola jegliches Argument für eine Anklage zu entziehen. Dabei musste sich Peddle nicht einmal sonderlich zu diesem Schritt zwingen, schließlich war der 6501 nur eine Technologiedemonstration gewesen. Dennoch dauerte der Rechtsstreit noch viele Jahre an und schlussendlich zahlte MOS 200.000 $, um die Klage endgültig ruhen zu lassen. Und das alles für einen Prozessor, der so nie auf den Markt kommen sollte, jedenfalls nicht auf dem industriellen Markt, sondern lediglich bei Hobbyanwendern.

Der Nachfolger, MOS 6502, allerdings, war schon zu Beginn ein Shootingstar. Peddle suchte nach einem sinnvollem Einsatz für diesen Prozessor und entwickelte um diese die beiden Einplatinenrechner TIM-1 und KIM-1. Diese waren nur dazu gedacht, um interessierte Ingenieure die Möglichkeiten der neuen Prozessorfamilie vorzustellen, stellten aber gleichzeitig die weltweit ersten Computer dar, die auf einer einzelnen Platine alle notwendigen Funktionen beinhalteten. Chuck hatte damit einen wirtschaftlichen Erfolg erzielt: mehrere 10.000 Einheiten wurden bis 1980 verkauft. Dabei fanden auch viele ihren Weg in Schulen und weiterführenden Einrichtungen und weckten die Neugier ganzer Generationen.

Allerdings wandelte sich auch der Zeitgeist und viele Interessenten auf diesem neuen Geschäftsfeld suchten nach einem Computer, der auch nach solch einem aussah. Die meisten potentiellen Käufer kannten die Terminalrechner ihrer Hochschulen und eben solch ein Gerät wollten sie auch daheim sehen (…das Terminal, nicht den Großrechner…). Chuck erkannte dies auch und sah den zukünftigen Markt wachsen. Allerdings war Peddle bewusst, dass er selbst kein geeignetes Gerät in kurzer Zeit entwickeln könnte und seiner Meinung nach war der Prozessor selbst dafür nicht ausgelegt . Glücklicherweise traf er auf einer Rundreise in den Vereinigten Staaten (zur Bewerbung seines Prozessors) ein paar Interessierte, die ihm zwei junge Entwickler empfahlen, die dabei waren einen neuen Computer zu entwickeln. Diese beiden Männer waren Steve Jobs und Steve Wozniak, die Gründer von Apple bewiesen ihm, dass es durchaus möglich war mit dem MOS 6502 einen Computer zu konstruieren. Erst jetzt dämmerte ihm, wie leistungsfähig seine Entwicklung war. Später sollte er einmal sagen, dass er nicht in einer Million Jahren daran gedacht hätte, dass dies möglich wäre. Für ihn war die MOS 6500er Reihe lediglich auf Industriecomputer ausgelegt. Die Apple Modelle, allen voran der Apple II, wurden die grössten Stars der beginnenden Computerära, ein Ziel, auf das auch Chuck Peddle hinarbeitete. Kurioserweise glaubte er, mit dem Prozessor lediglich einen Schritt in diese Richtung gemacht zu haben, stattdessen stand er bereits auf der Ziellinie.

Chuck selbst wusste nun, dass ein Markt existierte und wollte nun ebenfalls einen Computer für den Massenmarkt entwickeln. Seine Vorstellungsgespräche bei Radio Shack waren allerdings ernüchternd: keiner glaubte so recht an Chucks Idee und frustriert wandte er sich wieder seiner alten Arbeitsstelle entgegen. Zu dieser Zeit allerdings hatte Jack Tramiel, zu dieser Zeit noch immer Chef von Commodore, ein Auge auf das Unternehmen geworfen. Schon lange war Commodore der wichtigste Auftraggeber für MOS Technology, doch Jack Tramiel wollte den Gewinn maximieren und die Produktionskosten minimieren. Commodore produzierte zu dieser Zeit Taschenrechner für den U.S. Markt. Commodore entwickelte selbst keine Chips dafür, sondern kaufte bei anderen Herstellern die notwendigen Teile. Texas Instruments, die Commodore mit den notwendigen integrierten Schaltkreisen (IC) belieferte, erkannte nun das Potential und begann ebenfalls Taschenrechner zu produzieren, zu einem erheblich günstigeren Preis, da sie zu Herstellungskosten produzierten. Was lag daher näher, als selbst ICs zu produzieren?

Jack Tramiel kaufte MOS Technology auf und gliederte es in sein Unternehmen ein. Für beide Unternehmen war diese Entscheidung eine glückliche Entscheidung. Commodore besaß die finanziellen Mittel, die MOS nicht hatte und MOS besaß die Prozessoren, die Commodore das Überleben ermöglichten. Tramiel selbst war ein Mann mit Weitsicht, als Geschäftsmann unnachgiebig (zu etwa dieser Zeit hätte Commodore die Garagenfirma Apple aufkaufen können, doch Tramiel und Jobs stritten sich letztlich um wenige Tausend Dollar) und bereit auch brutale Methoden anzuwenden (siehe Geschichte der Amiga Inc.). Er hatte bereits vom MOS 6502 gehört und traf sich mit Chuck Peddle, um die weitere Strategie zu erörtern. Hier sah Chuck nun seine Chance endlich massentaugliche PC zu entwickeln und konnte Tramiel recht schnell davon überzeugen, dass der Markt der digitalen Taschenrechner schon bald sein Ende finden würde. Wer möchte schon einen klobigen Rechner in den Händen haben, wenn man für ein wenig mehr auch einen richtigen Computer haben könnte?

Tramiel selbst war diese Tatsache schon zuvor bewusst geworden, sonst wäre sein Interesse an Apple nicht zu erklären. Allerdings wollte Tramiel von Chuck einen Beweis für die Machbarkeit solch eines Computers. Er war besorgt über die hohen Entwicklungskosten, die ein neues System mit sich bringen würde und war mehr daran interessiert ein fertiges System zu kaufen. Um allerdings Chuck anzuspornen, versprach er für jedes verkaufte Modell, wenn es denn fertig würde, jeweils einen Dollar an Chuck Peddle auszuzahlen. Chuck kannte Jack Tramiel jedoch weder ihn, noch seine Vorgehensweisen und willigte ein. Chuck benötigte nur wenige Wochen zur Entwicklung. Hilfreich war ihm dabei seine Erfahrung mit dem KIM-1 und TIM-1, aber auch die Gespräche mit Wozniak über seinen Apple II (Wozniak selbst murrte später, dass Peddle wichtige Ideen des Apple II übernommen hatte, ohne sich zuvor die Erlaubnis einzuholen). Als sie den Computer für Tests das erste Mal anschalteten stand das Bild allerdings auf dem Kopf und es dauerte eine Weile, bis sie das Problem lösen konnten. Hilfreich war Chuck dabei das Buch von Adam Osborne, dass jedem erklärte, wie man eigene Fernseher herstellen könnte.

Sobald Chuck Peddle fertig war, präsentierte er Jack Tramiel den PET 2001 (Personal Electronic Transactor), dessen Herz der MOS 6502 war, der mit 1 MHz taktete. Je nach Modell besaß der Computer wahlweise 4 oder 8 KByte RAM. Wurde zu Beginn selbst entwickelte RAM-Chips genutzt, stieg man schon bald auf Fremdhersteller um, da die eigenen Chips ein großes Überhitzungssystem besaßen. Zur Datenspeicherung war ein Datasettenlaufwerk in das Gehäuse verbaut und zur Ausgabe der Daten besaß das Modell einen fest integrierten Monitor (monochrom). Chuck musste auch die Maschinensprache zur Ansteuerung des Laufwerks selbst schreiben, da vorhandene Lösungen einfach nicht funktionieren wollten.

Wie auch Jay Miner, der Vater des Amiga, schrieb Chuck keine großen Dokumentationen über seinen Computer, sondern speicherte alles in sich selbst ab. Das war für ihn, wie auch Jay, sicherlich praktisch, für Ingenieure allerdings, die später Handbücher oder Erweiterungen anfertigen sollten, war das jedoch eine Katastrophe (ein technisches Handbuch mit allen Funktionen entstand daher nie). Wurden Fehler gefunden, umging Chuck das Problem eher, als es zu lösen, dies führte dazu, dass dadurch weitere Fehler auftraten. Teilweise schrieb Chuck den Code und überwachte das Oszilloskop. Dabei modifizierte er Spannungen soweit, bis das System stabil lief. Eine echte Meisterleistung war dies im computertechnischen Sinne sicherlich nicht, aber es funktionierte.

Allerdings besaß der PET 2001 noch immer kein Betriebssystem und bei MOS oder Commodore war auch niemand in der Lage in kurzer Zeit damit aufzuwarten. Allerdings existierte ein neues kleines Unternehmen namens Microsoft, dass seit kurzer Zeit erfolgreich ein BASIC anbot. Erfolgreich ist hier allerdings so zu verstehen, dass viele es kannten und besaßen, allerdings nie gekauft hatten. Schon seit der Steinzeit der Computer waren “Sicherheitskopien” durchaus bekannt (Bill Gates selbst schrieb einen Brief an den Homebrew Club und bat die Leser mit dem Datendiebstahl aufzuhören…). Chuck traf sich mit Rick Wyland und schlug nun vor, das BASIC auf ein ROM zu brennen. So konnten Kopien vermieden werden und Microsoft, wie auch Commodore, würden davon profitieren. Bill Gates war allerdings von diesem Konzept nicht sonderlich begeistert und glaubte nicht an den Erfolg. Später einmal sagte er, dass Bill Gates kein Visionär gewesen sei, aber wer sei das schon mit 20 Jahren?

Chuck jedoch glaubte an diese Idee und schlug nun Microsoft einen legendären Deal vor: Commodore würde eine unlimitierte und zeitlich unbegrenzte Lizenz für sämtliche Computermodelle mit MOS 6502 Prozessoren erhalten. Microsoft glaubte nicht an den PET und war der Meinung, dass sie mit solch einem Vertrag etwas Geld erhalten würden. Da Commodore sicherlich keinen weiteren Computer auflegen würde, hätte Microsoft auch keine weitreichenden Folgen zu befürchten und stimmte zu. Der Vertrag sagte zusätzlich, dass Commodore das BASIC jederzeit erweitern könnte, die Überarbeitungen jedoch auch Microsoft erhalten müsse. Somit konnte sich Bill Gates und seine Firma sicher sein, dass sie kostenlose Programmierarbeit erhielten. In Wahrheit lag der Fall jedoch umgekehrt: Commodore überschwemmte den Markt förmlich mit Computern und man munkelte hinter vorgehaltener Hand, dass Commodore, dank des unglaublichen Deals, im Laufe der Zeit weniger als einen Cent pro Maschine als Lizenz bezahlen mussten!

Zu dieser Zeit jedoch wusste niemand bei Commodore und Microsoft, wie Jack Tramiels Unternehmen den Markt in kurzer Zeit dominieren würde. Und lange Zeit wussten auch die wenigsten, dass das BASIC der Commodore Computer (bis zum C 128) von Microsoft stammte. Chuck Peddle schlug nämlich vor, dass Microsoft nicht einmal namentlich erwähnt werden müsse, was Bill Gates dankbar annahm!

Der PET 2001 war nun definitiv fertig und Jack Tramiel gab grünes Licht. Bereits im Januar 1977, vier Monate vor dem TRS-80 und sogar sechs Monate vor dem Apple II, erschien der Commodore PET auf der West Coast Computer Faire und wurde zu einem unglaublichen Erfolg: der erste Personal Computer! Chuck selbst wollte seine Prozessoren nun auch an Atari vermitteln, die dabei waren eine eigene Spielekonsole zu entwickeln. Die Entwicklungsabteilung des Unternehmens hatte drei unterschiedliche Varianten einer Heimspielkonsole entwickelt und einer dieser Versuchsmodelle basierte auf dem MOS 6502. Um mit den Verantwortlichen zu reden, musste Chuck nach Kalifornien aufbrechen, etliche Stunden entfernt von Los Angeles. Atari hatte in einem verlassenen Areal ein Entwicklungsbüro eröffnet, fernab von allen größeren Städten und gut getarnt. Zu groß war die Sorge, dass “Stella” (der Entwicklungsname für das Atari VCS) von der Konkurrenz kopiert werden würde. Als Urlaub mit seiner Frau getarnt, fuhren beide schon kurze Zeit später auf dem geheimen Gelände vor. Steve Mayor, der Chefentwickler des neuen Systems, favorisierte tatsächlich den MOS 6502 (mit einem zusätzlichen Chip), allerdings nur unter der Bedingung, dass MOS diesen für nicht mehr als 12 $ verkaufte. Dies war nicht weiter problematisch, kostete die Herstellung beider Chips um die 4 $ und man wurde sich schnell einig.

Am kuriosesten ist jedoch folgendes: Chuck benötigte wieder ein Betriebssystem und wieder wandte er sich an Microsoft. Erneut war Bill Gates selbst nicht sonderlich angetan, diesmal von der Idee, dass Festplatten unterstützt werden müssen. Wozu auch? Bill Gates und jeder andere Entwickler konnte sich zu dieser Zeit eben nicht vorstellen, dass ein einzelner Anwender überhaupt 10 MByte benötigen würde. Monatelang zog sich die Entwicklung hin, bis Chuck Peddle erneut selbst tätig wurde und den Code dafür selbst entwickelte. Gemäß den Vereinbarungen übergab er das Update an Microsoft, die darauf MS-DOS 1.2 auf den Markt warfen. Die neue Version beinhaltete nun Festplattenunterstützung!

Chuck Peddles war nun krze Zeit in aller Munde, allerdings nur, bis IBM eben den PC 5150 vorstellte. Nun hatte jeder die Möglichkeit einen echten IBM Computer in den eigenen vier Wänden zu betreiben. Zudem war der PC ausbaufähig, was der Sirius nicht war. Dies schmälerte die Erfolgsaussichten enorm. Chuck wusste das, er wusste aber auch das sein Computer der bessere war, nur war das nicht gut genug, um gegen IBM bestehen zu können, zumal der Preis eines PC 5150 deutlich niedriger war. Auch Victor, der Hauptabnehmer, erkannte den gesättigten Markt und wollte daher die Abnahmemenge verringern und hier entschied sich Chuck Peddle eindeutig falsch: Sirius System Technology kaufte das erheblich größere Unternehmen Victor dem damaligen Besitzer Walter Kidde einfach ab und firmierte von da an unter dem Namen Victor, da dieser Name bereits schon bekannt war und nicht erst beworben werden musste. Wie schon zuvor geschrieben wurde, verkaufte sich der Sirius I in Europa recht erfolgreich und die Chancen standen auch nicht schlecht sich auf dem Markt einige Prozente zu sichern.

Sirius System Technology, die sich nun Victor Technologies nannten, planten einen Börsengang der das Unternehmen wieder liquide Geldmittel zur Verfügung stellen sollte. Allerdings geschah das alles überhastet: zu groß war die Versuchung nach Geld und Einfluss. 3 Millionen Dollar war das Unternehmen nun wert, doch die Gelder standen noch nicht zur Verfügung und Walter Kidde überredete Chucks Unternehmen einen Kredit aufzunehmen um die Zeit zu überbrücken, was Victor Technologies auch tat. Dann kam jedoch, was kommen musste: der Kredit wurde von der Bank vorzeitig zurückverlangt und Chuck stand vor einem insolventem Unternehmen.

Am 17. Dezember 1984 kaufte die schwedische Firma Datatronic das Unternehmen für 28 Millionen Dollar auf. Der Aufkauf war insofern interessant, als Datatronic bisher Distributor für Commodore war. Das Unternehmen entwickelte noch eine Zeit lang weitere Modelle des Sirius, namentlich die Apricot Serie, doch da war Chuck Peddle längst bei einem neuen Arbeitgeber, den er in seinem alten Freund Jugi Tandon fand. Mit ihm produzierte er IBM PC Nachbauten, die in Europa auf starkes Interesse stießen. In der Mitte des Jahrzehnts war Tandon der erfolgreichste PC Hersteller Europas, was vor allem auch an den unkonventionellen Gehäusen lag, die das Unternehmen als Heim für die Komponenten nutzte. Dies war Chuck Peddles Idee. Bis 1991 erweiterte sich das Unternehmen immer weiter und konnte auf einen Jahresumsatz von 400 Millionen Dollar blicken. Doch bereits zwei Jahre später kam das große Aus und Chuck arbeitete nur noch als Nachlaßverwalters des einstigen europäischen Marktführers. Tandon selbst gründete daraufhin JTS, die sich auf Festplatten spezialisierte, und nahm Chuck Peddle erneut unter Vertrag. Doch auch dieses Unternehmen währte nicht länger als zwei Jahre und ausgerechnet Jack Tramiel investierte finanzielle Mittel ind das Unternehmen, das schon kurze Zeit später Atari selbst schluckte, 1998 aber sämtliche Rechte an Atari selbst veräusserte.

Nach dieser Zeit wurde er Chefentwickler für das indische Unternehmen Celetron, das heute mit 5000 Mitarbeitern ein führendes Elektronikunternehmen ist und die Nachfolge des Unternehmens Tandon darstellt. Chuck selbst wurde dabei Weltenbummler und wechselt seinen Standort meist zwischen Sri Lanka, Nevada und Indien. Viele Anwender wissen bis heute nicht seine Bedeutung zu schätzen, geht sein Name doch meist unter, wenn über die Pioniertage der Computer geredet wird. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass Chuck Peddle den ersten massentauglichen Prozessor, sowie den ersten massentauglichen Computer überhaupt erschaffen hat. Insider, wie Bill Gates selbst, würdigten Chuck Peddles namentlich und bescheinigten ihm sein Verständnis des Marktes, aber auch seine visionäre Gabe. War Jay Miner der Vater des Amiga und Steve Wozniak der Vater des Apple: Chuck Peddle war der Vater aller Personal Computer.

 (Quelle: Historycorner.de)

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