Amigaland

1986 Neue Modelle

1986 - Neue Modelle

Frankfurt - Alte Oper

Weitere Gerüchte um neue Modelle wurden im Januar 1986 laut, als Commodore die Unterlagen für Zorro-II herausgab. Am Betriebssystem wurde weiter gefeilt, es kam die Version 1.1. Die vermutlich durch die Verwendung verschiedener C-Compiler entstandenen Macken von 1.0 (Falsche Registerinhalte bei Systemroutinen!) wurden durch Neukompilierung unter Lattice (SAS) C weitgehend behoben, allerdings konnten alle Druckertreiber bis zum Erscheinen von Manx C 4.0 ausschließlich mit Lattice kompiliert werden! Mit dem verbesserten Betriebssystem wurde auch Revision 06 des Denise-Chips verfügbar und damit auch der Halfbrite-Modus. Februar 1986 Februar 1986.

Die Umstellung auf europäische Bedürfnisse (PAL hat eine andere Bildschirmfrequenz als NTSC) war abgeschlossen und man konnte nun auch auf dieser Seite des großen Teichs Premiere feiern. Die europäische Premiere fand im März 1986 in der alten Oper in Frankfurt/Main statt. Dazu Gail Wellington: »Es sollte eine ziemlich feierliche Angelegenheit werden. Wir glaubten nicht, daß es sinnvoll wäre, die New Yorker Veranstaltung einfach zu wiederholen, also entwickelten wir einen neuen Rahmen. Wir wollten Schauspieler benutzen, die so tun sollten, als ob sie was von Computern verstünden, aber bei der Generalprobe waren sie so schlecht, daß wir sie entlassen haben. Dann holten wir unsere Verkaufsleiterin und machten mit ihr die Veranstaltung. Sie hat es hervorragend gemacht, auch ohne Probe.« Interessantes verrät Gail auch über Verkaufsverhandlungen in der damaligen Sowjetunion: »Etwa um dieselbe Zeit [Europapremiere] war ich bei der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie für Wissenschaft und Technologie. Wir haben dort den Amiga auch vorgeführt. Commodore hätte Amigas in die Sowjetunion exportieren dürfen, aber wegen der COCOM-Bestimmungen [Beschränkungen auf Technologieexport] hätten wir nur Einzellizenzen vergeben können, d.h. für jedes Gerät hätten wir eine Einzelgenehmigung von der amerikanischen Regierung einholen müssen.« Die europäisierten Amigas der ersten Generation hatten zwar die höhere vertikale Auflösung von 512 (statt 400) Zeilen, aber die amerikanische QWERTY-Tastatur; später kam die QWERTZ-Tastatur, die aber etwas anders getaktet war. Das wäre eigentlich keinem aufgefallen wenn die Zusatz-Uhr »TimeSaver« nicht gestreikt hätte! Im März wurde auf der Messe »World of Commodore« in den USA die Version 1.2 des Betriebssystems vorgestellt; es sollte aber bis zum Jahresende dauern, bis es verfügbar wurde. Im April tauchten Gerüchte um eine hardwaremäßige IBM Emulation auf. Die sollte »Transformer« ablösen, weil er sich als zu langsam und grafikunfähig erwiesen hatte.

Hier hatte Commodore wieder geschlafen. In der Entwicklung befand sich die »Trump Card«, eine Transformer-Beschleunigungskarte für den Erweiterungsport des Amiga, außerdem eine weitere Softwareemulation mit Grafikfähigkeit (PC/AT – angeblich später als »PC Ditto« für den Atari ST vermarktet). Diese wurden fortan beide nicht mehr von Commodore erwähnt. Dazu Douglas Wyman von Simile Research: »Der Grund lag darin, daß zu dem Zeitpunkt diese Teile des [IBM-]Systems noch nicht vollständig übertragen worden waren. Wir hatten bereits die Pläne für eine Beschleunigungs- und Grafikplatine, aber Commodore hat nach der Ankündigung kein Interesse mehr gezeigt.« Im selben Monat wurde die Übertragung von UNIX für den Amiga IV gemeldet: Demnach sollte IV ein CAD-Arbeitsplatzcomputer sein, mit einer 68020-CPU und einer Bildschirmauflösung von 1024 x 768 Punkten. Auch von einem 16-Bit-D/A-Umwandler war die Rede (CD Qualität) und von einem Amiga mit eingebauten Erweiterungsslots, wie Jay Miner, der Kopf des Entwicklerteams, sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Mai 1986 Erst im Mai gab es konkrete Nachrichten: Die deutsche Niederlassung in Braunschweig arbeite an einem Gerät zur hardwaremäßigen IBM-Emulation, Bezeichnung »Sidecar« (Offensichtlich waren die Leute Motorradfreaks). Dieses Gerät wurde dann auch tatsächlich auf der ComDex-Messe gezeigt. Kaufen konnte man es aber erst viel, viel später in den USA, weil es Probleme mit der Einhaltung der strengen amerikanischen Abschirmungsnormen gab. Die Programmierung der Verbindungsroutinen für die Janus-Schnittstelle wurde letztendlich vom abtrünnigen R.J. Mical besorgt.

Von der deutschen Computerpresse anscheinend gänzlich unbemerkt – keine Meldung keine Interviews – hielt er sich zwischenzeitlich in Braunschweig auf. Die ursprünglichen Verbindungsroutinen haben ihn nicht besonders beeindruckt: »Es handelte sich um eine IBM-Emulation in einem Amiga-Fenster. Sie [Braunschweig] hatten sich nur um die Hardwareseite gekümmert, mit der Software haben sie gemogelt, aber wie! Das Programm blockiert das Fenster – es tat nur eins: nachschauen, ob sich in der Bildschirmdarstellung etwas geändert hatte. Von Multitasking keine Spur! Nicht mal von den Systemroutinen haben sie Gebrauch gemacht.« R.J. übernahm »Zaphod« (seine Bezeichnung für Janus). Der Fortschritt seiner Bemühungen wurde daran gemessen, wie erfolgreich ein Programm wie Flight Simulator dargestellt werden konnte. Der Grund laut R.J.: »Flight Simulator war für mich von Anfang an die Meßlatte. Bruce Artwick, der Programmierer, ist ein guter Freund von mir. Um seine Zauberei zu realisieren, benutzt er jeden erdenklichen Trick und nutzt jede Eigenheit des Systems aus. Also, während der Entwicklung der Schnittstellensoftware habe ich Flight Simulator immer wieder auf Erprobungsflüge geschickt.« Sidecar war eine kleine Sensation. Es hatte vorher Emulationen gegeben, aber noch nie war es gelungen, auf einem Heimcomputer – wenn auch der gehobenen Klasse – zwei verschiedene Betriebssysteme mit unterschiedlichen Prozessoren gleichzeitig (im Multitaskingmodus) laufen zu lassen, und das ohne Absturz oder erkennbare Verlangsamung der Ein-/Ausgabeoperationen. Wie hieß damals der neue Werbespruch: »Only Amiga makes it possible«. Hätte man das Gerät nicht vorgeführt, sondern nur angekündigt, es wäre als Aprilscherz abgehakt worden. Zum Sommer 1986 hin tauchten wieder Gerüchte um neue Modelle auf; diesmal war von den typenbezeichnungen Amiga 2000 und 2500 die Rede, angeblich mit neuen Grafikchips, die volle 2 MByte Videospeicher adressieren sollten. Die Ursache dieses Gerüchts war die Aussage Jay Miners, der kurz nach seinem Ausscheiden bei Commodore bestätigte, die Planung solcher Chips abgeschlossen zu haben. Ausgeschieden war er zum Teil aus gesundheitlichen Gründen – er mußte sich kurz darauf einer Nierentransplantation unterziehen – und zum Teil aus Ärger über die Planung bei Commodore. Jay dazu: »Commodore wollte den A1000 nicht weiter bauen; sie meinten, er sei zu teuer. Anstatt aber die Produktionskosten zu senken, versuchten sie, daraus ein Gerät mit eingebauter Tastatur, wie beim Atari, zu machen. [Seltsamerweise wollte Atari damals sein Gerät Amiga-ähnlicher machen, mit eingebautem Laufwerk und getrennter Tastatur.] Ich habe mich sehr aufgeregt. Ich hätte binnen sechs Monaten den Amiga 1000 umgemodelt haben können, und ich hätte auch auf die IBM-Kompatibilität verzichtet, die die Einführung der neuen Geräte nur verzögert hat.« Aber Commodore hatte zu dieser Zeit auch Finanzprobleme.

Im Rahmen der Kostendämpfungsmaßnahmen wurden mehrere Mitglieder der Amiga-Abteilung entlassen. Davon wurde abgelenkt durch neue Meldungen eines »Baby-Amiga«, der mal als »B 52«, mal als »Amiga 500« bezeichnet wurde. Auch soll an Version 1.2 »herumgefummelt« worden sein: Angeblich hätten die Autoren von zwei »wichtigen Amiga-Programmen« eigene Flickroutinen gegen die Macken des älteren Betriebssystems geschrieben und nun funktionerten diese Programme nicht mehr. Also sollen die alten Macken deshalb wieder eingebaut worden sein! Ansonsten verlief 1986 ohne besondere Vorkommnisse: AmigaOS 1.2 wurde freigegeben, die Los-Gatos-Gruppe schrumpfte unaufhörlich weiter. Im Dezember schlug der Amiga wieder zu, als in der Folge »The Eternal Mind« die Fernsehserie »Amazing Stories« zwei Amigas zum Einsatz brachte. Auch in der Serie »Max Headroom« wurde der Computer eingesetzt. In den letzten Jahren ist der Amiga bei vielen Filmen und Fernsehserien nicht wegzudenken gewesen: »Robo Jr« gewann vier Emmies, »Panama Deception« einen Dokumentarfilm-Oskar; »Jurassic Park«, »Honey I blew up the kid«, »Death becomes her« und »The dark half« benutzten Amiga-Effekte. Im Fernsehen kam der preiswerte Amiga u.a. zum Einsatz bei Serien wie »seaQuest DSV«, »Babylon 5«, »Miami Vice«, »Robocop«, »Viper« und »Unsolved Mysteries«.

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